Die Kulturszene Mainz steht auf der Kippe: Zuletzt hatte der Inhaber des Caveaus bekanntgegeben, dass die Uni Mainz die Kündigung des beliebten und seit Jahren belebten Rock-Clubs angekündigt hat. Das sorgte für Aufruhr in der Kultur-Community. Nur durch deren Engagement, einzelne Stimmen aus der Politik und Petitionen konnte das Caveau vorerst gerettet werden. Doch nicht für alle ging es so glimpflich aus: Die Lulu, ein verlassenes Einkaufszentrum in der Innenstadt, welches zur Oase für Concept-Stores und Techno-Veranstaltungen wurde, musste nach einem dreijährigen Kampf im Dezember 2023 schließen. Doch wieso müssen immer mehr Kulturstätten weichen? Machen wirklich nur die steigenden Mietpreise der Kulturszene einen Strich durch die Rechnung oder ist es doch die Stadtpolitik selbst, die die Szene an den Stadtrand drängt?
Genau auf dieses Thema will das Netzwerk Kultur Mainz aufmerksam machen. Sie sind der Überzeugung, dass Kunstfreiheit inklusive Kultur und kulturelle Teilhabe ein Grundrecht seien und damit staatlicher Auftrag. Denn ohne den nötigen Raum und finanzielle Unterstützung sei diese Freiheit maßgeblich eingeschränkt. Es mangelt der Stadt nicht an kreativen Köpfen und großen Ideen, denn sie ist voll von jungen Leuten, die Bock haben, ihre Visionen in die Tat umzusetzen. Was jedoch seit Jahren fehlt, sind Räume. Bezahlbare Räumlichkeiten zum Werkeln, Tüfteln und Präsentieren. Vereine, Initiativen, Bands, Kollektive und Künstler:innen leben momentan in ständiger Ungewissheit und Angst, ihre Räume verlassen zu müssen oder haben Schwierigkeiten, überhaupt an geeigneten Raum zu gelangen. Das liegt unter anderem an der projektorientierten Kulturförderung der Stadt Mainz und sorgt dafür, dass eine dauerhafte Finanzierung von Mieten nicht möglich ist. Hinzu kommt die kulturelle Repressionspolitik, welche es Kollektiven und Initiativen schwer macht, am Stadtgeschehen teilzuhaben.
Das Netzwerk Kultur Mainz fragt sich: “Wo bleibt die notwendige Unterstützung und Wertschätzung der Kunst- und Kulturschaffenden durch die Verantwortlichen der Stadtpolitik?" Und "Wie viel Zukunft hat die Kultur in Mainz?” Auf diese Fragen wollen sie Antworten. So boten sie der Thematik am 04. Mai 2024 im OllOhof in Mainz durch eine Podiumsdiskussion mit den Spitzenkandidat:innen der im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien mit Fraktionsstatus eine Bühne.
Ich war vor Ort und in erster Linie gespannt darauf, was die Politiker:innen zu sagen haben. Doch als ich im OllOhof ankam, wurde mir gleich klar, dass die Veranstaltung mehr als nur einen Diskussionsraum bot. Sie war der Inbegriff von Kultur, wie sie erhalten und gepflegt werden sollte. Es wurde Kunst ausgestellt, es gab Essen und Getränke, DJ-Sets, Workshops und eine Menge Raum für Begegnung. Ungefähr 150 Leute aus verschiedenen Generationen kamen zusammen, um sich für dieses wichtige Thema einzusetzen und zu informieren. Das schaffte die perfekte Atmosphäre, um in den Diskurs einzusteigen.
Die Moderatorin Luisa Houben startete die Gesprächsrunde mit einem Fragespiel, bei dem es um die Positionierung der Parteien ging. Die Parteivertreter:innen sind sich einig: Kultur braucht mehr Raum! Die Herangehensweise, das zu ändern, unterscheidet sich jedoch. Die CDU, vertreten durch Ludwig Holle, und Friedrich Hofmann der FDP sind der Meinung, dass Initiativen unterstützt werden sollten, wo sie entstehen und die Stadt so wenig wie möglich eingreifen solle, um die Freiheit der Kulturschaffenden zu erhalten. Christin Sauer (Die Grünen), Jana Schmöller (SPD), Martin Malcherek (Die Linke) sind hingegen der Auffassung, dass es eine Notwendigkeit sei, Räumlichkeiten für die Kunst- und Kulturschaffenden zur Verfügung zu stellen. Der Vertreter der ÖDP, Claudius Moseler, kritisierte, dass die Debatte um die Verteilung von Geldern im Stadtrat verweigert werden würde.
Im weiteren Verlauf wurde über die Nutzung von bestehenden Gebäuden wie zum Beispiel dem Allianz-Gebäude oder dem Gebäude des ehemaligen Kaufhauses der Galeria Dachmarke diskutiert. Konkrete Pläne konnten auch auf direkte Nachfrage nicht offengelegt werden. Mehrfach wurde die Zwischennutzung der Gebäude als Möglichkeit in Erwägung gezogen. Diese Vorschläge waren ernüchternd für die Kulturschaffenden, die eigentlich das Bedürfnis nach Planungssicherheit geäußert hatten.
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Zukunft des soziokulturellen Zentrums des Vereins Kulturbäckerei. Einige Tage vorher war bekannt geworden, dass Die Grünen im Stadtrat damit haderten, das Projekt jährlich mit 350.000 Euro zu unterstützen, was das Aus der Kulturbäckerei bedeuten würde. Sauer betonte, dass dies jedoch eine Fehlinformation sei und machte klar: "Die Kulturbäckerei soll und muss kommen!” Auch die anderen Parteien bekannten sich zu dem Projekt. Eine Erleichterung für die Kulturschaffenden.
Was aus der Diskussion hervorging, waren weniger konkrete Pläne und Visionen für die Zukunft. Vielmehr entstand bei mir das Gefühl, dass das Event wichtig war, um die Relevanz der Kulturszene auf den Radar der Politiker:innen zu bringen. Die unverblümte Klarheit über die Wünsche und Forderungen der Szene machte Eindruck und brachte die Politiker:innen zur mehrfach betonten Redebereitschaft.
Der Mehrwert, den man als kunst- und kulturschaffende Person aus dem Event ziehen konnte, war folgender: Macht euch laut, lasst nicht locker und steht ein für die Szene. Nur durch Engagement und Durchhaltevermögen ist es möglich, auch auf politischer Ebene etwas zu verändern. Ihr habt die nötige Anerkennung und Unterstützung verdient und ein Recht darauf, diese einzufordern, um die Kunstfreiheit zu erhalten! Die Politik darf gerne mehr Kultur erlauben, denn wir alle brauchen sie.
Am 9. Juni 2024 findet die Kommunalwahl in Mainz statt. Informiert euch und geht wählen, unsere Stimmen sind wertvoll und müssen gehört werden.
Vielen Dank an die Veranstalter:innen des Netzwerks Kultur Mainz für euren Einsatz!
Wenn ihr mehr über die Mitglieder wissen wollt, findet ihr hier die Social-Media-Profile:
Floor & Fauna Electronic Arts Collective
Walpodenakademie/Walpodenstr. 21 e.V.
Die Kulturszene Mainz steht auf der Kippe: Zuletzt hatte der Inhaber des Caveaus bekanntgegeben, dass die Uni Mainz die Kündigung des beliebten und seit Jahren belebten Rock-Clubs angekündigt hat. Das sorgte für Aufruhr in der Kultur-Community. Nur durch deren Engagement, einzelne Stimmen aus der Politik und Petitionen konnte das Caveau vorerst gerettet werden. Doch nicht für alle ging es so glimpflich aus: Die Lulu, ein verlassenes Einkaufszentrum in der Innenstadt, welches zur Oase für Concept-Stores und Techno-Veranstaltungen wurde, musste nach einem dreijährigen Kampf im Dezember 2023 schließen. Doch wieso müssen immer mehr Kulturstätten weichen? Machen wirklich nur die steigenden Mietpreise der Kulturszene einen Strich durch die Rechnung oder ist es doch die Stadtpolitik selbst, die die Szene an den Stadtrand drängt?
Genau auf dieses Thema will das Netzwerk Kultur Mainz aufmerksam machen. Sie sind der Überzeugung, dass Kunstfreiheit inklusive Kultur und kulturelle Teilhabe ein Grundrecht seien und damit staatlicher Auftrag. Denn ohne den nötigen Raum und finanzielle Unterstützung sei diese Freiheit maßgeblich eingeschränkt. Es mangelt der Stadt nicht an kreativen Köpfen und großen Ideen, denn sie ist voll von jungen Leuten, die Bock haben, ihre Visionen in die Tat umzusetzen. Was jedoch seit Jahren fehlt, sind Räume. Bezahlbare Räumlichkeiten zum Werkeln, Tüfteln und Präsentieren. Vereine, Initiativen, Bands, Kollektive und Künstler:innen leben momentan in ständiger Ungewissheit und Angst, ihre Räume verlassen zu müssen oder haben Schwierigkeiten, überhaupt an geeigneten Raum zu gelangen. Das liegt unter anderem an der projektorientierten Kulturförderung der Stadt Mainz und sorgt dafür, dass eine dauerhafte Finanzierung von Mieten nicht möglich ist. Hinzu kommt die kulturelle Repressionspolitik, welche es Kollektiven und Initiativen schwer macht, am Stadtgeschehen teilzuhaben.
Das Netzwerk Kultur Mainz fragt sich: “Wo bleibt die notwendige Unterstützung und Wertschätzung der Kunst- und Kulturschaffenden durch die Verantwortlichen der Stadtpolitik?" Und "Wie viel Zukunft hat die Kultur in Mainz?” Auf diese Fragen wollen sie Antworten. So boten sie der Thematik am 04. Mai 2024 im OllOhof in Mainz durch eine Podiumsdiskussion mit den Spitzenkandidat:innen der im Stadtrat vertretenen demokratischen Parteien mit Fraktionsstatus eine Bühne.
Ich war vor Ort und in erster Linie gespannt darauf, was die Politiker:innen zu sagen haben. Doch als ich im OllOhof ankam, wurde mir gleich klar, dass die Veranstaltung mehr als nur einen Diskussionsraum bot. Sie war der Inbegriff von Kultur, wie sie erhalten und gepflegt werden sollte. Es wurde Kunst ausgestellt, es gab Essen und Getränke, DJ-Sets, Workshops und eine Menge Raum für Begegnung. Ungefähr 150 Leute aus verschiedenen Generationen kamen zusammen, um sich für dieses wichtige Thema einzusetzen und zu informieren. Das schaffte die perfekte Atmosphäre, um in den Diskurs einzusteigen.
Die Moderatorin Luisa Houben startete die Gesprächsrunde mit einem Fragespiel, bei dem es um die Positionierung der Parteien ging. Die Parteivertreter:innen sind sich einig: Kultur braucht mehr Raum! Die Herangehensweise, das zu ändern, unterscheidet sich jedoch. Die CDU, vertreten durch Ludwig Holle, und Friedrich Hofmann der FDP sind der Meinung, dass Initiativen unterstützt werden sollten, wo sie entstehen und die Stadt so wenig wie möglich eingreifen solle, um die Freiheit der Kulturschaffenden zu erhalten. Christin Sauer (Die Grünen), Jana Schmöller (SPD), Martin Malcherek (Die Linke) sind hingegen der Auffassung, dass es eine Notwendigkeit sei, Räumlichkeiten für die Kunst- und Kulturschaffenden zur Verfügung zu stellen. Der Vertreter der ÖDP, Claudius Moseler, kritisierte, dass die Debatte um die Verteilung von Geldern im Stadtrat verweigert werden würde.
Im weiteren Verlauf wurde über die Nutzung von bestehenden Gebäuden wie zum Beispiel dem Allianz-Gebäude oder dem Gebäude des ehemaligen Kaufhauses der Galeria Dachmarke diskutiert. Konkrete Pläne konnten auch auf direkte Nachfrage nicht offengelegt werden. Mehrfach wurde die Zwischennutzung der Gebäude als Möglichkeit in Erwägung gezogen. Diese Vorschläge waren ernüchternd für die Kulturschaffenden, die eigentlich das Bedürfnis nach Planungssicherheit geäußert hatten.
Ein zentraler Punkt der Diskussion war die Zukunft des soziokulturellen Zentrums des Vereins Kulturbäckerei. Einige Tage vorher war bekannt geworden, dass Die Grünen im Stadtrat damit haderten, das Projekt jährlich mit 350.000 Euro zu unterstützen, was das Aus der Kulturbäckerei bedeuten würde. Sauer betonte, dass dies jedoch eine Fehlinformation sei und machte klar: "Die Kulturbäckerei soll und muss kommen!” Auch die anderen Parteien bekannten sich zu dem Projekt. Eine Erleichterung für die Kulturschaffenden.
Was aus der Diskussion hervorging, waren weniger konkrete Pläne und Visionen für die Zukunft. Vielmehr entstand bei mir das Gefühl, dass das Event wichtig war, um die Relevanz der Kulturszene auf den Radar der Politiker:innen zu bringen. Die unverblümte Klarheit über die Wünsche und Forderungen der Szene machte Eindruck und brachte die Politiker:innen zur mehrfach betonten Redebereitschaft.
Der Mehrwert, den man als kunst- und kulturschaffende Person aus dem Event ziehen konnte, war folgender: Macht euch laut, lasst nicht locker und steht ein für die Szene. Nur durch Engagement und Durchhaltevermögen ist es möglich, auch auf politischer Ebene etwas zu verändern. Ihr habt die nötige Anerkennung und Unterstützung verdient und ein Recht darauf, diese einzufordern, um die Kunstfreiheit zu erhalten! Die Politik darf gerne mehr Kultur erlauben, denn wir alle brauchen sie.
Am 9. Juni 2024 findet die Kommunalwahl in Mainz statt. Informiert euch und geht wählen, unsere Stimmen sind wertvoll und müssen gehört werden.
Vielen Dank an die Veranstalter:innen des Netzwerks Kultur Mainz für euren Einsatz!
Wenn ihr mehr über die Mitglieder wissen wollt, findet ihr hier die Social-Media-Profile:
Floor & Fauna Electronic Arts Collective
Walpodenakademie/Walpodenstr. 21 e.V.