Vom Lippenstift zur Leinwand

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Credit: Philipp Nguyen
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Im Juni traf ich den Künstler Leon Ebeling an der Kunsthochschule in Mainz. Leon trug lässig eines seiner Werke bei sich, während wir ihm halfen, ein weiteres Bild in ein freies Atelier zu tragen. Überall begegneten wir Studierenden, die in ihren Ateliers arbeiteten oder sich entspannt zurücklehnten und Musik hörten. Die Atmosphäre in der Hochschule wirkte entspannt, aber auch bunt und bisweilen etwas chaotisch. Dazu trugen die vielen fertigen oder halbfertigen Werke und Berge von Materialien bei, die im Flur und den Räumen verteilt lagen.

Credit: Philipp Nguyen

Das Atelier, in das wir Leons Werke brachten, war fast leer. Lediglich zwei Stühle, ein Kunstprojekt, Papier und helles Licht schmückten den klassenzimmergroßen Raum. Bevor wir mit dem eigentlichen Interview begannen, nutzte Leon zu meinem Erstaunen die Gelegenheit, Nägel an die Wand zu schlagen, um seine Bilder für unser Gespräch aufzuhängen – etwas, was man sich vermutlich an den meisten Unis nicht einfach erlauben kann. Danach machten wir es uns bequem und starteten unser Gespräch.

Wie geht es dir und woher kommst du gerade?

Mir geht's ganz gut und ich komme gerade von zu Hause und davor von der Arbeit.

Was arbeitest du?

Ich arbeite im Lehmanns in Mainz als Kellner.

Könntest du noch allgemein etwas über dich erzählen? Wer bist du und was machst du?

Ich bin Leon Ebeling und studiere in Mainz Freie Kunst. Ich mache generell sehr viel Kunst in Richtung Malerei und digitale Kunst. Ansonsten habe ich einen vielseitigen Background.

Was bedeutet „vielseitiger Background“?

Mmh, dass es etwas länger gedauert hat, bis ich das richtige Studium für mich gefunden habe und somit auch vorher in viele andere Bereiche reinschnuppern konnte. Erst habe ich BWL studiert, dann Erziehungswissenschaften und dann Industrial Design.

War das alles in Mainz?

Nein, in Magdeburg

Kommst du ursprünglich von dort?

Nein, ich komme eigentlich aus Lübeck (lacht).

Was hat dich dann nach Mainz verschlagen?

In Mainz hatte ich die besten Chancen, an einer Kunsthochschule angenommen zu werden. Mein Bruder ist nach Mainz gezogen, mein Stiefbruder ist gerade ausgezogen und wollte eine WG gründen und meine Mutter ist auch hergezogen. Deshalb dachte ich: Mainz it is.


Du hast also nicht direkt Kunst studiert. Wann hast du dann angefangen, dich für Kunst zu interessieren bzw. die Entscheidung getroffen, Kunst zu studieren? Gab es einen bestimmten Moment?

Ich habe schon immer ein bisschen gemalt, aber dann auch längere Pausen gemacht. Zwischenzeitlich hatte ich in der Schule auch keinen Kunstunterricht, bis ich dann in der Oberstufe Kunst als Leistungskurs wählte. Da hatte ich schon die Überlegung, Kunst zu studieren.

Ich war aber katastrophal schlecht (lacht).

Nein, echt? (Lacht)

Ich hatte immer nur 4/5 Punkte und dachte mir “Okay, vielleicht sollte ich das lieber nicht machen”. Erst während der anderen Studiengänge habe ich gemerkt, dass es das ist, was ich eigentlich machen will. In der Pandemie habe ich den Entschluss gefasst, dass es das Richtige für mich ist.

Was war denn die Begründung deines Lehrers für diese Notengebung?

Ich bin mir nicht sicher. Aber das Witzige daran ist: Dadurch, dass ich in der Schüler:innenvertretung war, kamen auf mich Mitschüler:innen zu, um über ihre aktuellen – meist schlechten – Noten zu sprechen. Ich habe dann geschaut, ob sie sich vielleicht in Sport, Musik oder eben Kunst verbessern und ihren Schnitt ausgleichen können. Und dann habe ich für andere Leute Bilder gemalt und die haben damit immer 14/15 Punkte erreicht. Am Ende des Tages hat mein Kunstlehrer nur mich so schlecht bewertet.

Hat dich die Notengebung deines Kunstlehrers verunsichert?

Ja, auch. Es war sowieso schwierig. In der 11. Klasse habe ich meiner Mama gesagt, dass ich gerne Kunst studieren möchte. Ihre Antwort war, dass ich dafür jetzt schon richtig gut sein muss. Wenn man dann im Unterricht so schlecht ist, hat man nur noch wenige Argumente in der Hand.

Verständlich. Du sagtest, du hast immer schon gemalt. Gibt es irgendein Bild, an das du dich erinnerst, auf das du als Kind stolz warst?

Ja, ich glaube, es gibt so zwei, drei Stück. Das erste, das war nicht so richtig ein Bild. Es war einer der ersten Momente, an den ich mich überhaupt erinnern kann. Ich saß damals im Cabrio meiner Mum, das so weißes Leder hatte und da lag im Fußraum ihre Handtasche.

Ich wühlte darin herum, holte einen Lippenstift raus und bemalte damit das Leder – das war so satisfying. 

Wie fand das deine Mutter? Auch satisfying (lacht)?

Sie ist ganz schön ausgerastet (lacht). Damit hat es angefangen. Dann war ich auch schon als Kind in Kunsttherapie und ich glaube, dass das auch Einfluss auf mich genommen hat.

Auf Instagram teilst du deine Kunst und kennzeichnest diese häufig als „Mixed Media“. Was kann man darunter verstehen?

Im klassischen Sinne versteht man darunter einfach, dass man sich keine Grenzen setzt, mit welchen Materialien oder mit welchen Medien man arbeitet. Die Bilder, die ich auf Instagram teile, sind bei mir häufig eine Mischung aus verschiedenen Medien, die dann zusammenkommen. Im Gemalten können das verschiedene Stifte oder Arten von Farben sein. Dieses Bild zum Beispiel ist sowohl in analoge als auch digitale Schichten aufgeteilt. 

Was drücken deine Werke aus?

Ich glaube, ich habe gar nicht so den Anspruch, dass sie eine direkte Aussage haben sollen. Es ist eher so, dass die letzten zwei Jahre eine Suche nach einer eigenen Ästhetik waren, was auch wichtig ist, wenn man sich als Künstler:in etablieren will. Dass man eine eigene Handschrift kriegt und diese dann auch auf einige Themen beziehen kann, die einen interessieren. Zum Beispiel finde ich optische Täuschungen oder Farbverzerrungen spannend. Das ist auch bei den beiden orangenen Bildern der Fall. Wenn man die zwei vergleicht, sieht man, dass bei dem einen das Orange viel intensiver, fast rot ist, und beim anderen ist es viel heller. Es wirkt eben nicht so, als wäre es die gleiche Farbe, aber es ist die gleiche Farbe.

Credit: Philipp Nguyen

Das ist die gleiche Farbe, echt? In meiner Wahrnehmung ist das eine Orange deutlich greller im Vergleich zum anderen. Und was inspiriert dich zu deinen Werken? Wie kommst du auf die Ideen?

Ich muss das immer so ein bisschen trennen. Meine digitale Arbeit hat einen anderen Arbeitsprozess als die Malerei. Manchmal mache ich auch Fotografien. Das ist auch nochmal ein ganz eigener Prozess. Am Ende greift alles ineinander.

Auf Instagram teilst du eher die digitalen Werke, oder?

Ja, aber bei der Malerei entsteht die meiste Spannung, finde ich. Die beiden orangenen sind aus der Idee entstanden, dass zuerst nur orange und weiße Farbe da war. Dann habe ich mir überlegt: Alles, was weiß ist, male ich per Hand aus. Normalerweise rechnet man dann im Kopf gegen und sagt: “Okay, ich schätze, es wird so oder so lange dauern”. Manchmal können solche Aufgaben undefinierbar lang sein und du kannst dir das vorher auch nicht wirklich vorstellen. Sondern du weißt nur, dass du es wie bei einem Marathon-Training durchziehen musst. Man bricht die Aufgabe nicht mehr herunter, sondern macht es einfach – bis zum Ende.

Würdest du sagen, dass du dich dann bei so einem Mal-Marathon darin verlierst? Vergisst du die Zeit?

Ja. Also bei mir ist es eh immer so, dass ich nachts arbeite. Manchmal fange ich um 22:00 Uhr an und gehe um 10:00 Uhr morgens dann raus… und habe nur gemalt.



Wow, das ist lange! Gibt es eigentlich Kunstschaffende, die dich besonders beeinflusst haben?

Also schon, und ich glaube auch sehr viele. Aber ich finde, das ist am Ende nur so ein Namedropping, dass man sagt, okay, man kennt den, den und den. Letztendlich hat mir mein Patenonkel gezeigt, wie man mit Acryl malt und mich so eben auch beeinflusst. Wenn es um die Ästhetik geht, vielleicht Felipe Pantone oder ganz klassisch Andy Warhol.

Du warst ja jetzt auch bei einer Ausstellung von Warhol in Paris. War das die erste, die du von ihm besucht hast?

Nein, ich glaube die dritte oder vierte.

Mich würde noch interessieren, wie der Entstehungsprozess deiner Kunst aussieht.

Eigentlich war es so, dass ich die letzten zwei Jahre fast nur den Fokus auf Skizzen gelegt habe. Und momentan nehme ich das als grafischen Grundbausatz für die Bilder, die ich jetzt mache. Dass ich sie entweder ausdrucke und dann noch mal neu interpretiere oder – was ich auch ganz spannend finde: mit Künstlicher Intelligenz zu arbeiten. Man kann mittlerweile auch eigene Modelle trainieren. Dadurch, dass ich so einen großen Datensatz an eigenen Bildern habe, kann ich die auf meine Bilder abstimmen. Das ist momentan auch die Foundation, Bilder zu kreieren - egal ob digital oder analog.

Cool, dass du auch KI ansprichst. Tatsächlich habe ich auch noch ein paar Fragen zum Thema KI. Dazu kommen wir gleich noch. Zuerst will ich wissen, welche Herausforderungen dir beim Erschaffen von Kunst begegnen.

Ich finde das Thema Positionierung für mich ziemlich schwierig. Weil es schon sehr viele Ästhetiken gibt, die ich mag und dahinterstehen könnte. Am Ende muss ich aber so ehrlich zu mir sein und sagen, dass es nicht die Ästhetik ist, die ich repräsentieren möchte, obwohl ich sie eigentlich gut finde. Und da so eine Linie zu finden, ohne am Ende alles blöd zu finden, ist manchmal tricky.

Also Position im Sinne von Ästhetik, die du vertrittst?

Genau. Ich verfolge bewusst die Absicht, dass die meisten Werke nicht immer eine klare Aussage haben müssen. Obwohl ich das auch sehr gut finde, wenn andere Leute das machen (überlegt) … Aber gleichzeitig stört es mich auch noch manchmal, dass sie vielleicht zu wenig aussagen.

Das ist halt die Frage. Ich war zum Beispiel neulich im Städel Museum. Dort wurde ein Bild ausgestellt, das einfach nur blau mit einem ganz leichten Farbverlauf war. Aber im Prinzip war es eigentlich nur eine Farbe. Trotzdem hat mich dieses Bild mit Abstand am meisten inspiriert und begeistert. Das hat im Prinzip auch keine Aussage. Aber ist es nicht schon genug Aussage, wenn ein Werk einen einfach irgendwie bewegt?

Ja, auf jeden Fall. Ich will das auch nicht herunterspielen. Gleichzeitig finde ich, dass das schon eine moderne zeitgenössische Unterhaltung von Kunst ist, die man führt. Dann finde ich es aber wichtig, auch darauf zu zeigen, dass es Kunst gibt, die sehr explizit, aber auch sehr wichtig ist.

Wie hat sich deine Kunst über die Jahre entwickelt? Beeinflusst zum Beispiel das Studium deine Kunst?

Definitiv beeinflusst das Studium meine Kunst. Generell ist mein Arbeitsprozess so, dass ich sehr instinktiv arbeite und vorher nicht weiß, was am Ende rauskommt, sondern eher irgendetwas rauskommt. Ich stelle dann erst im Nachhinein fest, dass es irgendwas spiegelt, was ich wahrgenommen habe. Zum Beispiel eine Technik, die wir mal besprochen haben. Die wird dann auch nicht unbedingt bewusst übernommen, sondern eher unterbewusst aufgegriffen. So etwas begegnet einem viel. Aber das hört an der Kunsthochschule dann nicht auf. Generell, die Erfahrungen, die man macht, kommen am Ende in der Kunst in irgendeiner Form raus. Man weiß es aber vorher manchmal nicht.

Also gab es schon mal Momente, in denen du gemalt hast und dann im Nachgang festgestellt hast, dass du etwas verarbeitet hast?

Ja, zum Beispiel das große Bild mit der Frau. Das habe ich einfach instinktiv so gemalt, obwohl es figurativ ist. Und dann wurde mir erst im Prozess klar, was das Gemalte überhaupt für mich bedeuten könnte. Die Komposition und Blickführung erzählen auch irgendeine Geschichte. Ich habe erst später verstanden, dass es wohl eine Geschichte aus meinem Leben erzählt.

Möchtest du die Geschichte teilen?

Nein. (Lacht)

Das ist vollkommen in Ordnung. Gibt es denn ein bestimmtes Projekt, auf das du besonders stolz bist?

Schon, aber mehrere, weil sich das immer wie so einzelne Stepstones anfühlt. Dass ich zum Beispiel durch einige Bilder Sachen besser verstanden habe. Und klar passiert das dann eher nach und nach. Aber trotzdem kann ich zuordnen, dass es bei bestimmten Projekten angefangen hat, sich irgendwie zu drehen.

Was würdest du sagen, war das längste Projekt, an dem du gearbeitet hast? Wie lange hast du dafür gebraucht?

Ich habe ja, bevor ich Kunst studiert habe, drei verschiedene Studiengänge angefangen. Man muss sich vorstellen, bei Industrial Design meinte ich davor schon, “Okay, das ist das letzte Mal, dass ich wechsle” und als ich dann drin war, habe ich eigentlich gesagt “Okay, das ist hundertprozentig das Richtige”. So, und dann nochmal in der Situation zu sitzen und einfach nicht mehr hingehen zu wollen, weil innerlich so eine Barriere da ist, war sehr schwierig für mich. Das hat mich auch irgendwie in so ein Loch geschickt, weil ich so sauer auf mich war.

Um mir dann aber zu beweisen, dass der Studiengang Freie Kunst wirklich das Richtige ist, habe ich beschlossen: “Okay, es ist Zeit für ein Mammutprojekt!” In der Zeit habe ich 500 Skizzen in DIN A4 gemalt, plus eine digitale Version erstellt. Das waren am Ende über tausend Bilder. Also jeden Tag so zehn bis zwölf Stunden Arbeit für ein dreiviertel Jahr.

Hast du das dann im Rahmen des Studiums gemacht oder einfach so für dich?

Einfach nur für mich, um mir klar zu machen, was ich möchte: Wenn ich die 500 Skizzen fertig habe, ist mir egal was passiert, dann mache ich das und werde Freie Kunst studieren.

Ich habe gerade Gänsehaut gekriegt (lacht).

Na, irgendwann gibt es einen Point of No Return. Alles andere, was ich gelernt habe, ob im Sport oder in AGs, ist egal.

Ich habe in keine andere Sache so viel Zeit wie in Kunst investiert - außer vielleicht Zocken (beide lachen)

Du hast ja schon vorhin KI angesprochen. Du erstellst auch einige digitale Werke. Wie verändert sich dein kreativer Prozess, wenn du mit digitalen Medien arbeitest im Vergleich zu traditioneller Kunst?

Da muss man bei den digitalen Medien wirklich differenzieren. Wenn ich klassisch mit Photoshop, Lightroom oder mit einem Zeichenpad arbeite, dann ist es schon irgendwo vergleichbar mit klassischer Malerei. Einfach aus dem Grund, weil man quasi sehr viele Mikroentscheidungen trifft, die am Ende das große Bild betreffen. Aber es geht immer nur ein Bild. Wenn man mit KI arbeitet, kriegt man unglaublich viele und auch schnell sehr gute Ergebnisse. Da trifft man dann auch Entscheidungen, aber an einem ganz anderen Punkt. Es ist eher eine Mischung aus Fotografie und Malerei, weil die Aufgabe darin besteht, aus 500 entstandenen Bildern genau das eine zu finden, was den kritischen Punkt bzw. die gewünschte Aussage trifft.

Und glaubst du, digitale Kunst wird weniger wertgeschätzt?

Ich glaube witzigerweise ja und nein gleichzeitig. Mit einem kommerziellen Hintergedanken, würde ich sagen, ist es definitiv nicht so viel wert. Leute haben einfach gerne was in der Hand. In meinen Augen haben digitale Werke das Problem, dass das Aufhängen schwieriger umzusetzen ist. Aber das ist auch vielleicht nur ein Problem, das ich in meinem Progress habe und um das ich mich kümmern muss. Es gibt Künstler:innen, die kriegen das schon ganz wunderbar umgesetzt. 

Also eine Idee, die man hat umzusetzen oder wie meinst du das?

Nee, guck mal, wenn du ein Bild auf dem Handy hast, finde ich an sich das digitale Werk schon krasser, als wenn jemand ein Bild abfotografiert und das dann online stellt – dann geht immer irgendwas verloren. Aber ein digitales Bild wirkt auf dem Handy zu 100 Prozent und ist so besser. Aber der Druck hier zum Beispiel (zeigt auf das Bild hinter uns) wirkt hier am Ende des Tages nicht so gut wie auf dem Handy. Da ist die digitale Version dann wahrscheinlich besser. Das meine ich auch mit dieser Doppel-Dynamik. Ich muss rumspielen, wie ich digitale Werke im klassischen Raum richtig inszeniere. Mit einem Rahmen wäre es, glaube ich, schon deutlich edler oder wenn ich es auf Leinwand drucke. Aber das kriegt man hier in Mainz nicht gut hin.

Mich würde noch dein genereller Standpunkt zu Kunst mit KI interessieren: Letztes Jahr gewann ein durch KI-Software generiertes Gemälde einen Kunstwettbewerb und erzeugte online einen Shitstorm: „Die Kunst stirbt“, urteilten einige Medien. Wie stehst du zu Kunst, die durch KI generiert wird?

Also, erstmal finde ich die Debatte ein bisschen überholt, weil es auch schon jetzt genug Künstler:innen gibt, die die Frage beantwortet haben. Und theoretisch ist halt alles erlaubt in der Kunst. Wer was machen will, macht es halt. Wenn man jetzt aber über traditionelle Sachen spricht – es gibt ja Leute, die privat gerne zum Beispiel Ölmalerei machen – und deren Fokus liegt darauf, dass sie nur Ölmalerei machen und eben kein Mixed Media. Vergleicht man das jetzt beispielsweise mit 100-Meter Sprints und da kommt jemand zu einem Wettbewerb, macht dann was anderes und gewinnt, ist das einfach unfair. Ich finde, man sollte die Wettbewerbe so formulieren, dass die Leute, die einen unfairen Vorteil in einem klassischen Wettbewerb hätten, da nicht mitmachen können. Prinzipiell finde ich, sollte aber alles in der Kunst erlaubt sein.

Das beantwortet eigentlich auch schon die letzte Frage, welchen Umgang von KI in der Kunst du dir wünschen würdest oder möchtest du dazu noch was ergänzen?

Vielleicht nur, dass ich es immer schön finde, wenn es eine prozentuale Verteilung gibt. Dass man zum Beispiel nicht trennt, ein Bild ist jetzt nur KI oder nicht. Ich glaube, es bietet super viele neue Möglichkeiten, wenn es zum Beispiel um Hintergründe oder die Ideenfindung geht. Ich glaube, selbst die Leute, die sagen “Ich möchte, dass am Ende von KI in meinem Bild nichts zu sehen ist!”, könnten ja ein Moodboard erstellen und Inspiration daraus ziehen. Am Ende werden nur 0,5 Prozent des Bildes beeinflusst.

Uh, eine richtig coole Idee mit dem Moodboard! So, noch eine letzte Frage, die mir aus dem letzten Interview mit Nawid Rassti mitgegeben wurde: Gibt es irgendwelche Musik, ein bestimmtes Genre oder vielleicht sogar eine:n bestimmten Künstler:in, die du beim Malen hörst?

Ich höre beim Arbeiten meistens die WG-Playlist von meinem Mitbewohner Leon und mir.



Ja, sehr cool. Danke für das Gespräch. Es hat richtig viel Spaß gemacht!
Und wer Leons Kunst gerne live sehen möchte, sollte nicht die Gelegenheit verpassen, bei folgenden Ausstellungen vorbeizuschauen:

21.07-06.08 im
Museum Gelnhausen (Vernissage 21./22.07 18:00-21:00) - Leon Ebeling und Sheeza Malik
Anfang September - Eröffnungsfeier im neuen Lehmanns Mainz

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Im Juni traf ich den Künstler Leon Ebeling an der Kunsthochschule in Mainz. Leon trug lässig eines seiner Werke bei sich, während wir ihm halfen, ein weiteres Bild in ein freies Atelier zu tragen. Überall begegneten wir Studierenden, die in ihren Ateliers arbeiteten oder sich entspannt zurücklehnten und Musik hörten. Die Atmosphäre in der Hochschule wirkte entspannt, aber auch bunt und bisweilen etwas chaotisch. Dazu trugen die vielen fertigen oder halbfertigen Werke und Berge von Materialien bei, die im Flur und den Räumen verteilt lagen.

Credit: Philipp Nguyen

Das Atelier, in das wir Leons Werke brachten, war fast leer. Lediglich zwei Stühle, ein Kunstprojekt, Papier und helles Licht schmückten den klassenzimmergroßen Raum. Bevor wir mit dem eigentlichen Interview begannen, nutzte Leon zu meinem Erstaunen die Gelegenheit, Nägel an die Wand zu schlagen, um seine Bilder für unser Gespräch aufzuhängen – etwas, was man sich vermutlich an den meisten Unis nicht einfach erlauben kann. Danach machten wir es uns bequem und starteten unser Gespräch.

Wie geht es dir und woher kommst du gerade?

Mir geht's ganz gut und ich komme gerade von zu Hause und davor von der Arbeit.

Was arbeitest du?

Ich arbeite im Lehmanns in Mainz als Kellner.

Könntest du noch allgemein etwas über dich erzählen? Wer bist du und was machst du?

Ich bin Leon Ebeling und studiere in Mainz Freie Kunst. Ich mache generell sehr viel Kunst in Richtung Malerei und digitale Kunst. Ansonsten habe ich einen vielseitigen Background.

Was bedeutet „vielseitiger Background“?

Mmh, dass es etwas länger gedauert hat, bis ich das richtige Studium für mich gefunden habe und somit auch vorher in viele andere Bereiche reinschnuppern konnte. Erst habe ich BWL studiert, dann Erziehungswissenschaften und dann Industrial Design.

War das alles in Mainz?

Nein, in Magdeburg

Kommst du ursprünglich von dort?

Nein, ich komme eigentlich aus Lübeck (lacht).

Was hat dich dann nach Mainz verschlagen?

In Mainz hatte ich die besten Chancen, an einer Kunsthochschule angenommen zu werden. Mein Bruder ist nach Mainz gezogen, mein Stiefbruder ist gerade ausgezogen und wollte eine WG gründen und meine Mutter ist auch hergezogen. Deshalb dachte ich: Mainz it is.


Du hast also nicht direkt Kunst studiert. Wann hast du dann angefangen, dich für Kunst zu interessieren bzw. die Entscheidung getroffen, Kunst zu studieren? Gab es einen bestimmten Moment?

Ich habe schon immer ein bisschen gemalt, aber dann auch längere Pausen gemacht. Zwischenzeitlich hatte ich in der Schule auch keinen Kunstunterricht, bis ich dann in der Oberstufe Kunst als Leistungskurs wählte. Da hatte ich schon die Überlegung, Kunst zu studieren.

Ich war aber katastrophal schlecht (lacht).

Nein, echt? (Lacht)

Ich hatte immer nur 4/5 Punkte und dachte mir “Okay, vielleicht sollte ich das lieber nicht machen”. Erst während der anderen Studiengänge habe ich gemerkt, dass es das ist, was ich eigentlich machen will. In der Pandemie habe ich den Entschluss gefasst, dass es das Richtige für mich ist.

Was war denn die Begründung deines Lehrers für diese Notengebung?

Ich bin mir nicht sicher. Aber das Witzige daran ist: Dadurch, dass ich in der Schüler:innenvertretung war, kamen auf mich Mitschüler:innen zu, um über ihre aktuellen – meist schlechten – Noten zu sprechen. Ich habe dann geschaut, ob sie sich vielleicht in Sport, Musik oder eben Kunst verbessern und ihren Schnitt ausgleichen können. Und dann habe ich für andere Leute Bilder gemalt und die haben damit immer 14/15 Punkte erreicht. Am Ende des Tages hat mein Kunstlehrer nur mich so schlecht bewertet.

Hat dich die Notengebung deines Kunstlehrers verunsichert?

Ja, auch. Es war sowieso schwierig. In der 11. Klasse habe ich meiner Mama gesagt, dass ich gerne Kunst studieren möchte. Ihre Antwort war, dass ich dafür jetzt schon richtig gut sein muss. Wenn man dann im Unterricht so schlecht ist, hat man nur noch wenige Argumente in der Hand.

Verständlich. Du sagtest, du hast immer schon gemalt. Gibt es irgendein Bild, an das du dich erinnerst, auf das du als Kind stolz warst?

Ja, ich glaube, es gibt so zwei, drei Stück. Das erste, das war nicht so richtig ein Bild. Es war einer der ersten Momente, an den ich mich überhaupt erinnern kann. Ich saß damals im Cabrio meiner Mum, das so weißes Leder hatte und da lag im Fußraum ihre Handtasche.

Ich wühlte darin herum, holte einen Lippenstift raus und bemalte damit das Leder – das war so satisfying. 

Wie fand das deine Mutter? Auch satisfying (lacht)?

Sie ist ganz schön ausgerastet (lacht). Damit hat es angefangen. Dann war ich auch schon als Kind in Kunsttherapie und ich glaube, dass das auch Einfluss auf mich genommen hat.

Auf Instagram teilst du deine Kunst und kennzeichnest diese häufig als „Mixed Media“. Was kann man darunter verstehen?

Im klassischen Sinne versteht man darunter einfach, dass man sich keine Grenzen setzt, mit welchen Materialien oder mit welchen Medien man arbeitet. Die Bilder, die ich auf Instagram teile, sind bei mir häufig eine Mischung aus verschiedenen Medien, die dann zusammenkommen. Im Gemalten können das verschiedene Stifte oder Arten von Farben sein. Dieses Bild zum Beispiel ist sowohl in analoge als auch digitale Schichten aufgeteilt. 

Was drücken deine Werke aus?

Ich glaube, ich habe gar nicht so den Anspruch, dass sie eine direkte Aussage haben sollen. Es ist eher so, dass die letzten zwei Jahre eine Suche nach einer eigenen Ästhetik waren, was auch wichtig ist, wenn man sich als Künstler:in etablieren will. Dass man eine eigene Handschrift kriegt und diese dann auch auf einige Themen beziehen kann, die einen interessieren. Zum Beispiel finde ich optische Täuschungen oder Farbverzerrungen spannend. Das ist auch bei den beiden orangenen Bildern der Fall. Wenn man die zwei vergleicht, sieht man, dass bei dem einen das Orange viel intensiver, fast rot ist, und beim anderen ist es viel heller. Es wirkt eben nicht so, als wäre es die gleiche Farbe, aber es ist die gleiche Farbe.

Credit: Philipp Nguyen

Das ist die gleiche Farbe, echt? In meiner Wahrnehmung ist das eine Orange deutlich greller im Vergleich zum anderen. Und was inspiriert dich zu deinen Werken? Wie kommst du auf die Ideen?

Ich muss das immer so ein bisschen trennen. Meine digitale Arbeit hat einen anderen Arbeitsprozess als die Malerei. Manchmal mache ich auch Fotografien. Das ist auch nochmal ein ganz eigener Prozess. Am Ende greift alles ineinander.

Auf Instagram teilst du eher die digitalen Werke, oder?

Ja, aber bei der Malerei entsteht die meiste Spannung, finde ich. Die beiden orangenen sind aus der Idee entstanden, dass zuerst nur orange und weiße Farbe da war. Dann habe ich mir überlegt: Alles, was weiß ist, male ich per Hand aus. Normalerweise rechnet man dann im Kopf gegen und sagt: “Okay, ich schätze, es wird so oder so lange dauern”. Manchmal können solche Aufgaben undefinierbar lang sein und du kannst dir das vorher auch nicht wirklich vorstellen. Sondern du weißt nur, dass du es wie bei einem Marathon-Training durchziehen musst. Man bricht die Aufgabe nicht mehr herunter, sondern macht es einfach – bis zum Ende.

Würdest du sagen, dass du dich dann bei so einem Mal-Marathon darin verlierst? Vergisst du die Zeit?

Ja. Also bei mir ist es eh immer so, dass ich nachts arbeite. Manchmal fange ich um 22:00 Uhr an und gehe um 10:00 Uhr morgens dann raus… und habe nur gemalt.



Wow, das ist lange! Gibt es eigentlich Kunstschaffende, die dich besonders beeinflusst haben?

Also schon, und ich glaube auch sehr viele. Aber ich finde, das ist am Ende nur so ein Namedropping, dass man sagt, okay, man kennt den, den und den. Letztendlich hat mir mein Patenonkel gezeigt, wie man mit Acryl malt und mich so eben auch beeinflusst. Wenn es um die Ästhetik geht, vielleicht Felipe Pantone oder ganz klassisch Andy Warhol.

Du warst ja jetzt auch bei einer Ausstellung von Warhol in Paris. War das die erste, die du von ihm besucht hast?

Nein, ich glaube die dritte oder vierte.

Mich würde noch interessieren, wie der Entstehungsprozess deiner Kunst aussieht.

Eigentlich war es so, dass ich die letzten zwei Jahre fast nur den Fokus auf Skizzen gelegt habe. Und momentan nehme ich das als grafischen Grundbausatz für die Bilder, die ich jetzt mache. Dass ich sie entweder ausdrucke und dann noch mal neu interpretiere oder – was ich auch ganz spannend finde: mit Künstlicher Intelligenz zu arbeiten. Man kann mittlerweile auch eigene Modelle trainieren. Dadurch, dass ich so einen großen Datensatz an eigenen Bildern habe, kann ich die auf meine Bilder abstimmen. Das ist momentan auch die Foundation, Bilder zu kreieren - egal ob digital oder analog.

Cool, dass du auch KI ansprichst. Tatsächlich habe ich auch noch ein paar Fragen zum Thema KI. Dazu kommen wir gleich noch. Zuerst will ich wissen, welche Herausforderungen dir beim Erschaffen von Kunst begegnen.

Ich finde das Thema Positionierung für mich ziemlich schwierig. Weil es schon sehr viele Ästhetiken gibt, die ich mag und dahinterstehen könnte. Am Ende muss ich aber so ehrlich zu mir sein und sagen, dass es nicht die Ästhetik ist, die ich repräsentieren möchte, obwohl ich sie eigentlich gut finde. Und da so eine Linie zu finden, ohne am Ende alles blöd zu finden, ist manchmal tricky.

Also Position im Sinne von Ästhetik, die du vertrittst?

Genau. Ich verfolge bewusst die Absicht, dass die meisten Werke nicht immer eine klare Aussage haben müssen. Obwohl ich das auch sehr gut finde, wenn andere Leute das machen (überlegt) … Aber gleichzeitig stört es mich auch noch manchmal, dass sie vielleicht zu wenig aussagen.

Das ist halt die Frage. Ich war zum Beispiel neulich im Städel Museum. Dort wurde ein Bild ausgestellt, das einfach nur blau mit einem ganz leichten Farbverlauf war. Aber im Prinzip war es eigentlich nur eine Farbe. Trotzdem hat mich dieses Bild mit Abstand am meisten inspiriert und begeistert. Das hat im Prinzip auch keine Aussage. Aber ist es nicht schon genug Aussage, wenn ein Werk einen einfach irgendwie bewegt?

Ja, auf jeden Fall. Ich will das auch nicht herunterspielen. Gleichzeitig finde ich, dass das schon eine moderne zeitgenössische Unterhaltung von Kunst ist, die man führt. Dann finde ich es aber wichtig, auch darauf zu zeigen, dass es Kunst gibt, die sehr explizit, aber auch sehr wichtig ist.

Wie hat sich deine Kunst über die Jahre entwickelt? Beeinflusst zum Beispiel das Studium deine Kunst?

Definitiv beeinflusst das Studium meine Kunst. Generell ist mein Arbeitsprozess so, dass ich sehr instinktiv arbeite und vorher nicht weiß, was am Ende rauskommt, sondern eher irgendetwas rauskommt. Ich stelle dann erst im Nachhinein fest, dass es irgendwas spiegelt, was ich wahrgenommen habe. Zum Beispiel eine Technik, die wir mal besprochen haben. Die wird dann auch nicht unbedingt bewusst übernommen, sondern eher unterbewusst aufgegriffen. So etwas begegnet einem viel. Aber das hört an der Kunsthochschule dann nicht auf. Generell, die Erfahrungen, die man macht, kommen am Ende in der Kunst in irgendeiner Form raus. Man weiß es aber vorher manchmal nicht.

Also gab es schon mal Momente, in denen du gemalt hast und dann im Nachgang festgestellt hast, dass du etwas verarbeitet hast?

Ja, zum Beispiel das große Bild mit der Frau. Das habe ich einfach instinktiv so gemalt, obwohl es figurativ ist. Und dann wurde mir erst im Prozess klar, was das Gemalte überhaupt für mich bedeuten könnte. Die Komposition und Blickführung erzählen auch irgendeine Geschichte. Ich habe erst später verstanden, dass es wohl eine Geschichte aus meinem Leben erzählt.

Möchtest du die Geschichte teilen?

Nein. (Lacht)

Das ist vollkommen in Ordnung. Gibt es denn ein bestimmtes Projekt, auf das du besonders stolz bist?

Schon, aber mehrere, weil sich das immer wie so einzelne Stepstones anfühlt. Dass ich zum Beispiel durch einige Bilder Sachen besser verstanden habe. Und klar passiert das dann eher nach und nach. Aber trotzdem kann ich zuordnen, dass es bei bestimmten Projekten angefangen hat, sich irgendwie zu drehen.

Was würdest du sagen, war das längste Projekt, an dem du gearbeitet hast? Wie lange hast du dafür gebraucht?

Ich habe ja, bevor ich Kunst studiert habe, drei verschiedene Studiengänge angefangen. Man muss sich vorstellen, bei Industrial Design meinte ich davor schon, “Okay, das ist das letzte Mal, dass ich wechsle” und als ich dann drin war, habe ich eigentlich gesagt “Okay, das ist hundertprozentig das Richtige”. So, und dann nochmal in der Situation zu sitzen und einfach nicht mehr hingehen zu wollen, weil innerlich so eine Barriere da ist, war sehr schwierig für mich. Das hat mich auch irgendwie in so ein Loch geschickt, weil ich so sauer auf mich war.

Um mir dann aber zu beweisen, dass der Studiengang Freie Kunst wirklich das Richtige ist, habe ich beschlossen: “Okay, es ist Zeit für ein Mammutprojekt!” In der Zeit habe ich 500 Skizzen in DIN A4 gemalt, plus eine digitale Version erstellt. Das waren am Ende über tausend Bilder. Also jeden Tag so zehn bis zwölf Stunden Arbeit für ein dreiviertel Jahr.

Hast du das dann im Rahmen des Studiums gemacht oder einfach so für dich?

Einfach nur für mich, um mir klar zu machen, was ich möchte: Wenn ich die 500 Skizzen fertig habe, ist mir egal was passiert, dann mache ich das und werde Freie Kunst studieren.

Ich habe gerade Gänsehaut gekriegt (lacht).

Na, irgendwann gibt es einen Point of No Return. Alles andere, was ich gelernt habe, ob im Sport oder in AGs, ist egal.

Ich habe in keine andere Sache so viel Zeit wie in Kunst investiert - außer vielleicht Zocken (beide lachen)

Du hast ja schon vorhin KI angesprochen. Du erstellst auch einige digitale Werke. Wie verändert sich dein kreativer Prozess, wenn du mit digitalen Medien arbeitest im Vergleich zu traditioneller Kunst?

Da muss man bei den digitalen Medien wirklich differenzieren. Wenn ich klassisch mit Photoshop, Lightroom oder mit einem Zeichenpad arbeite, dann ist es schon irgendwo vergleichbar mit klassischer Malerei. Einfach aus dem Grund, weil man quasi sehr viele Mikroentscheidungen trifft, die am Ende das große Bild betreffen. Aber es geht immer nur ein Bild. Wenn man mit KI arbeitet, kriegt man unglaublich viele und auch schnell sehr gute Ergebnisse. Da trifft man dann auch Entscheidungen, aber an einem ganz anderen Punkt. Es ist eher eine Mischung aus Fotografie und Malerei, weil die Aufgabe darin besteht, aus 500 entstandenen Bildern genau das eine zu finden, was den kritischen Punkt bzw. die gewünschte Aussage trifft.

Und glaubst du, digitale Kunst wird weniger wertgeschätzt?

Ich glaube witzigerweise ja und nein gleichzeitig. Mit einem kommerziellen Hintergedanken, würde ich sagen, ist es definitiv nicht so viel wert. Leute haben einfach gerne was in der Hand. In meinen Augen haben digitale Werke das Problem, dass das Aufhängen schwieriger umzusetzen ist. Aber das ist auch vielleicht nur ein Problem, das ich in meinem Progress habe und um das ich mich kümmern muss. Es gibt Künstler:innen, die kriegen das schon ganz wunderbar umgesetzt. 

Also eine Idee, die man hat umzusetzen oder wie meinst du das?

Nee, guck mal, wenn du ein Bild auf dem Handy hast, finde ich an sich das digitale Werk schon krasser, als wenn jemand ein Bild abfotografiert und das dann online stellt – dann geht immer irgendwas verloren. Aber ein digitales Bild wirkt auf dem Handy zu 100 Prozent und ist so besser. Aber der Druck hier zum Beispiel (zeigt auf das Bild hinter uns) wirkt hier am Ende des Tages nicht so gut wie auf dem Handy. Da ist die digitale Version dann wahrscheinlich besser. Das meine ich auch mit dieser Doppel-Dynamik. Ich muss rumspielen, wie ich digitale Werke im klassischen Raum richtig inszeniere. Mit einem Rahmen wäre es, glaube ich, schon deutlich edler oder wenn ich es auf Leinwand drucke. Aber das kriegt man hier in Mainz nicht gut hin.

Mich würde noch dein genereller Standpunkt zu Kunst mit KI interessieren: Letztes Jahr gewann ein durch KI-Software generiertes Gemälde einen Kunstwettbewerb und erzeugte online einen Shitstorm: „Die Kunst stirbt“, urteilten einige Medien. Wie stehst du zu Kunst, die durch KI generiert wird?

Also, erstmal finde ich die Debatte ein bisschen überholt, weil es auch schon jetzt genug Künstler:innen gibt, die die Frage beantwortet haben. Und theoretisch ist halt alles erlaubt in der Kunst. Wer was machen will, macht es halt. Wenn man jetzt aber über traditionelle Sachen spricht – es gibt ja Leute, die privat gerne zum Beispiel Ölmalerei machen – und deren Fokus liegt darauf, dass sie nur Ölmalerei machen und eben kein Mixed Media. Vergleicht man das jetzt beispielsweise mit 100-Meter Sprints und da kommt jemand zu einem Wettbewerb, macht dann was anderes und gewinnt, ist das einfach unfair. Ich finde, man sollte die Wettbewerbe so formulieren, dass die Leute, die einen unfairen Vorteil in einem klassischen Wettbewerb hätten, da nicht mitmachen können. Prinzipiell finde ich, sollte aber alles in der Kunst erlaubt sein.

Das beantwortet eigentlich auch schon die letzte Frage, welchen Umgang von KI in der Kunst du dir wünschen würdest oder möchtest du dazu noch was ergänzen?

Vielleicht nur, dass ich es immer schön finde, wenn es eine prozentuale Verteilung gibt. Dass man zum Beispiel nicht trennt, ein Bild ist jetzt nur KI oder nicht. Ich glaube, es bietet super viele neue Möglichkeiten, wenn es zum Beispiel um Hintergründe oder die Ideenfindung geht. Ich glaube, selbst die Leute, die sagen “Ich möchte, dass am Ende von KI in meinem Bild nichts zu sehen ist!”, könnten ja ein Moodboard erstellen und Inspiration daraus ziehen. Am Ende werden nur 0,5 Prozent des Bildes beeinflusst.

Uh, eine richtig coole Idee mit dem Moodboard! So, noch eine letzte Frage, die mir aus dem letzten Interview mit Nawid Rassti mitgegeben wurde: Gibt es irgendwelche Musik, ein bestimmtes Genre oder vielleicht sogar eine:n bestimmten Künstler:in, die du beim Malen hörst?

Ich höre beim Arbeiten meistens die WG-Playlist von meinem Mitbewohner Leon und mir.



Ja, sehr cool. Danke für das Gespräch. Es hat richtig viel Spaß gemacht!
Und wer Leons Kunst gerne live sehen möchte, sollte nicht die Gelegenheit verpassen, bei folgenden Ausstellungen vorbeizuschauen:

21.07-06.08 im
Museum Gelnhausen (Vernissage 21./22.07 18:00-21:00) - Leon Ebeling und Sheeza Malik
Anfang September - Eröffnungsfeier im neuen Lehmanns Mainz

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