Quellen kreativer Energie

Fotos:
Do Mai Anh Dang, Stella Musshafen, Julian Hauschild
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Samantha Aimara singt, tanzt, fotografiert und designed. Ihre Kreativität kennt keine Grenzen. Als Tochter einer peruanischen Mutter und eines italienischen Vaters thematisiert sie die internationale Politik in ihren Werken. Ihre Musik ist aber auch sehr persönlich und lädt dazu ein, abzudriften und verschiedene Gefühle zu erleben. Zuletzt hat sie ihre Single Lullaby veröffentlicht.

Hallo liebe Sam, cool, dass wir dich interviewen dürfen. Wie geht’s dir? Wie war bisher dein Tag?

Mir geht’s gut. Valentinstag ist ein schöner Tag, ich bin voller Liebe.

Zum Einstieg in das Interview würde ich dich bitten, dich kurz vorzustellen: Wer bist du und was machst du?

Mein Künstlername ist Samantha Aimara. Ich bin Sängerin, Songwriterin, Tänzerin und studiere Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie. Sonst arbeite ich noch bei einer Unternehmensberatung und seit Januar bin ich selbstständig im Kommunikationsdesign und Fotografie.

Setzen wir erstmal den Fokus auf deine Musik: Wann hast du angefangen zu singen und wie kam es dazu?

Ich habe so mit zehn Jahren angefangen. Davor habe ich eher Klavier gespielt und komponiert, ich habe mich nicht getraut zu singen. Dann habe ich mit zehn einfache Texte geschrieben, wie zum Beispiel: „Du bist cool, du bist uncool“. Typische Texte, die in der Prä-Pubertät entstanden sind (lacht). In der Oberstufe musste ich dann singen, weil ich mein Fachabi mit Leistungskurs in Musik absolviert habe. Da ist Gesang ein großer Teil gewesen. Und seit 2019 singe ich in der Öffentlichkeit.

Das heißt, als du angefangen hast zu singen, hast du gleichzeitig auch angefangen, Songtexte zu schreiben. Was waren Schlüsselmomente, in denen du dachtest, du willst deine Musik veröffentlichen?

Das war in der Zeit, in der ich in Peru gewohnt habe. Der Einstieg in Peru fiel mir schwer, weil ich niemanden außer meine Familie kannte. Ich habe dort in einer PR-Agentur gearbeitet und ganz viel getanzt. Mein Director damals von der Tanz-Crew hatte irgendwie mitbekommen, dass ich singe und wollte, dass ich für seine Mutter ein Lied zum Muttertag schreibe. Das habe ich gemacht und habe dann noch ein anderes Lied geschrieben. Dieses Lied habe ich dann im Studio aufgenommen. Peru ist so – keine Ahnung. Immer wenn du da bist, da ist diese Energie, die dich richtig kreativ werden lässt. Du hast immer mehr Ideen und viel weniger Angst, einfach Dinge zu machen.

Ich liebe es so sehr, nach Peru zu reisen, Energie zu tanken, zurückzukommen und mir zu sagen: Überdenk nicht alles so hart.

 

Wie würdest du die kreative Energie beschreiben?

Allein die Märkte, die komplett voll sind mit jeglicher Art von Stoffen und Menschen, die auf der Straße malen. Ich glaube, diese Kreativität kommt oftmals von dem: „Que necessitas algo“ (deutsch: Du benötigst (irgend-)etwas). Finanziell ärmere Länder sind oft kreativer.

Das kann ich unterschreiben. Ich liebe die Märkte in Peru. Aber zurück zu deinen Songs. Wie würdest du deine Musik in drei Worten beschreiben?

Darüber habe ich lange nachgedacht. Ich würde sagen, auf jeden Fall ehrlich. Ich will nicht melancholisch sagen, weil es je nach Song unterschiedlich ist. Verarbeitend. Für mich persönlich, aber auch für andere Leute.

Was magst du an dem Wort melancholisch nicht? Klingt das zu negativ?

Mhmm (überlegt). Ich dachte lange Zeit, dass die Musik, die ich mache, nicht für jedermann sei, weil es lange nur Klavier und Gesang war und ich sofort dachte, dass es deswegen zu melancholisch klingt. Aber wenn du zum Beispiel abends allein im Auto sitzt und durch die Stadt fährst und abdriften willst, dann passt die Musik auf jeden Fall. Mich macht es auf jeden Fall immer wieder glücklich, mir alte Lieder anzuhören, weil ich dann zurück in die Momente eintauche, in denen ich sie geschrieben habe.

Ich finde es schön, dass du nicht den Anspruch an dich selbst hast, alle mit deiner Musik zu überzeugen.

Ich will auch gar nicht in eine Richtung gehen, Musik zu produzieren, nur um sie zu verkaufen.

In erster Linie mache ich Musik für mich.

Wenn ich mit Freund:innen rede und es ihnen nicht gut geht, können sie die Gefühle und Gründe häufig nicht ausdrücken. Ich drücke mich dann für sie mit meinen Liedern aus. Aber langsam merke ich, dass ich in meiner Musik nicht mehr so sehr in eine Melancholie verfalle. Vor zwei Tagen habe ich in anderthalb Stunden ein neues Lied geschrieben. Ich hatte eine Melodie auf Spanisch im Kopf und das Lied ist schneller, hat einen Sprechgesang, sowas liebe ich. Das Lied ist weniger melancholisch - das ist eine Entwicklung, glaube ich.

In anderthalb Stunden ein Lied runterschreiben ist schnell. Gibt es da bestimmte Situationen, wie beispielsweise eine bestimmte Uhrzeit oder einen Ort, in denen du deine Songs schreibst?

Da gibt es immer drei verschiedene Varianten. Bei der Ersten kommt mir ein Text in den Kopf mit Melodie und ich hoffe, ich bin zu Hause. Aber oft bin ich nicht zu Hause und nehme sie mit dem Handy auf. Ich habe da mittlerweile über 600 Sprachnotizen. Bei der Zweiten zwinge ich mich, zu komponieren. Dabei fällt mir das Instrumentale viel leichter. Ich mache immer das Musikalische mit dem Text zusammen. Da kann ich aber auch mal tage- oder wochenlang an einem Lied arbeiten. Und das Dritte ist mein Lieblingszustand. Mitten in der Nacht setze ich mich hin und zünde meine Kerzen an. Ich habe mir extra ein MIDI-Keyboard zum Komponieren gekauft, weil man damit besser aufnehmen kann und ich nachts damit niemanden störe. Dann mache ich die Nacht durch. So sind bspw. „Your Story“ und „La musica non’ce“ entstanden. Nachts im Dunkeln mit Kerzenlicht. 

Ich stelle mir das sehr romantisch vor.

Vor allem samstagabends. Während meine Freund:innen feiern, habe ich meine Songs komponiert (lacht).

Dann hast du genauso wenig geschlafen wie Leute, die feiern waren, aber du hast noch dazu einen Song komponiert (lacht). Gibt es denn gerade eine:n Künstler:in, der/die dich besonders inspiriert?

Ja, aber es ist eher klassische Musik. Chopin inspiriert mich instrumentalisch. Und stimmtechnisch liebe ich Nina Simone und Ella Fitzgerald. Aber mein wirklich absoluter Liebling ist Hoagy Carmichael. Meine Lieblingslieder von ihm sind: Skylark und two sleepy people. Er hat eine wundervolle Stimme.

Ich habe lange gedacht, ich hätte eine hässliche Stimme, weil ich nicht so eine klare Kirchenchorstimme habe. Das ist mir damals während des Leistungskurses in Musik aufgefallen.

Krass, dass du das gedacht hast. Wenn ich von dir erzähle, dann zuerst, dass deine Stimme wunderschön ist. Du hast deine Musik als ehrlich beschrieben und ich finde, das hört man gerade an deiner Stimme. Ich bin keine Musikexpertin, aber du legst ja auch nichts über deine Stimme.

Ja, Autotune ist nichts für mich. Meinen Song Lullaby habe ich zusammen mit Andi produziert - ich spiele das Klavier und er spielt alle anderen Instrumente. Als er dann vorgeschlagen hat, mehrstimmig zu singen – ich liebe mehrstimmige Songs – musste ich auch höher singen. Ich hatte immer Angst vor hohen Tönen und dachte, es sei nicht meine Range. Dann habe ich mich nur auf diese Töne konzentriert und habe sie auf einmal getroffen. Ich will es immer so lange versuchen, bis ich oder wir auch wirklich zufrieden sind.

Das ist auch eine Erkenntnis, zu sehen, dass du doch viel höher mit deiner Stimme kommst, als du dachtest. Auch wenn es mehr Arbeit war, hast du es schlussendlich geschafft. Was hast du davon mitgenommen?

Davon habe ich viel Energie mitgenommen. Ich bin jetzt wieder in einem Flow und habe seit Anfang des Jahres drei Lieder geschrieben. Ne, vier Lieder (lacht). Und die Melodien sind dadurch anders, weil ich mehr herumspielen kann.

Kurz aber nochmal zu deinen Songtexten. Was inspiriert dich beim Schreiben?

Ich schreibe oftmals mehr, wenn es mir schlecht geht. Wenn ich aber mit anderen Musiker:innen zusammenarbeite, wie bspw. Julian, bin ich sowieso happy und schreibe dann in dieser guten Stimmung. Inspiration finde ich in den Menschen um mich herum. Ich behandle Themen wie Liebe, Freundschaft und Gesellschaftspolitisches.

Dein Interesse an Gesellschaft und Politik ist mir vor allem in deinem Lied „sueños de paz“ aufgefallen. Ich habe dieses Lied so oft gehört, weil ich den Text liebe. Er erinnert mich an Peru. Wegen meiner peruanischen Mutter kenne ich die politische Lage in Peru, die gerade wieder sehr brisant ist. Kannst du unseren Leser:innen erklären, worum es in diesem Lied geht?

Gerne. Letztes Jahr habe ich zusammen mit dem Kollektiv Kollettivo Frankfurt ein Spendenevent bzgl. des Ukraine-Kriegs organisiert. Mehrere Musiker:innen haben nur Songs ausgewählt, in denen es um Krieg und Terror geht. Ich habe da zum ersten Mal ein Cover gemacht, aber ich wollte auch selbst etwas dazu sagen. Dann habe ich dieses Lied geschrieben und versucht, es nicht auf die Ukraine zu begrenzen. Wir haben sehr viel Krieg auf der Welt. Was gerade in Peru passiert, wissen sehr wenige und es geht in den sozialen Medien verloren. (Anm. der Redaktion: Wer eine gute Zusammenfassung zur aktuellen politischen Lage in Peru sucht, dem empfehlen wir dieses Video.) Im Jahr davor habe ich mich bei meinem Vordiplom mit Diktaturen, Terror und Extremismus in Peru, aber auch in Italien beschäftigt.

Ich konnte es nicht verstehen, dass ein Mensch allein so viel Macht hat und so viel anrichten kann, während man selbst denkt, man ist so klein und kann nichts machen.

Als ich das Lied geschrieben habe, habe ich sehr stark an Peru gedacht.

Das sind wichtige Botschaften, die du in deinem Lied festgehalten hast. Was genau hast du in deinem Vordiplom thematisiert?

Ich habe eine Dokumentation gedreht. Dabei ging es um drei Diktatoren in Peru: Fujimori, Bermúdez und Odria. Auf der einen Seite die Diktatur, auf der anderen Seite der Extremismus und Terror von Sendero Luminoso. Meine Familie war stark involviert. Mein Opa wie auch mein Ur-Opa waren beide im Militär, haben als Polizisten gearbeitet und dadurch viel mitbekommen. Meine Mutter war politisch aktiv und hat dann mit 23 Jahren zur Zeit von Fujimoris Diktatur beschlossen, aus dem Land zu gehen.

Das Lied ist auf Spanisch, dein Song „la musica non’ce“ ist auf Italienisch, „Lullaby“ singst du auf Englisch und Spanisch. Bald kommt deine erste deutsche Single heraus. Das sind viele Sprachen. Was bedeuten diese Sprachen für dich und welchen Einfluss haben sie auf deine Musik?

Italienisch singe ich tatsächlich am wenigsten. Jede Sprache hat einen anderen Klang und einen unterschiedlichen Rhythmus. Ich habe zum Spanischen eine andere emotionale Verbindung. Beim Spanischen fällt es mir leichter, schneller zu werden. Englisch ist so eine Universalsprache, damit habe ich automatisch angefangen. Ich würde auch nicht sagen, dass meine Texte auf Englisch platt sind, nur weil es nicht meine Muttersprache ist. Da versuche ich auch stilistisch und metaphorisch zu arbeiten. Ich habe immer versteckte Nachrichten. Manchmal entstehen sie automatisch. Ich muss immer lächeln, wenn ich sie dann lese. Vor deutschen Songs habe ich mich lange gewehrt, weil ich es schwer finde, auf Deutsch zu singen. Und dann ist da noch der Gedanke: „Ich bin in Deutschland, da versteht mich jeder“.

Und du hast dann keine Maske wie bei den anderen Sprachen?

Genau. Es fällt mir auch nicht schwer, auf Deutsch zu schreiben. Du kannst mir ein Wort sagen und ich schreibe dir sofort ein Gedicht dazu. Aber einen Song zu schreiben ist dann nochmal etwas anderes.  

Findest du, dass die deutsche Sprache zu hart ist? Das ist ja ein gängiges Vorurteil.

Ich kann verstehen, dass Leute das sagen, aber ich finde, die deutsche Sprache ist eine poetische und lyrische Sprache. Du kannst so viele Dinge auf so unterschiedliche Arten und Wörter ausdrücken. Im Spanischen hast du zum Beispiel ein Wort, das viele Bedeutungen hat. Mit Deutsch kannst du so vieles umschreiben.

Deine zuletzt erschienene Single heißt Lullaby. Wie kann man sich den Entstehungsprozess des Songs so vorstellen?

Das Lied ist schon drei Jahre alt. Das habe ich damals für meine Mutter geschrieben. Sie hat sich beschwert, dass ich für alle Lieder schreibe, aber nicht für sie (lacht). Der Song ist etwas anders wegen des Klaviers und der Akkordfolgen. Ich spiele den Song gerne bei Auftritten, weil ich da Solos, Intro und Outro einfügen kann. Gerade deswegen wollte ich es nie aufnehmen. Letztes Jahr habe ich Andi auf einer Veranstaltung kennengelernt, auf der wir beide Auftritte hatten. Zuerst haben wir Videos in seinem Garten gedreht und danach haben wir uns regelmäßig zum Produzieren getroffen. Andi hat einen Youtube-Kanal Couch Music Production mit ganz verschiedenen Musiker:innen, die dort auftreten. Der Auftritt mit Sofa im Garten in der Sonne war sehr schön.

Das sind bestimmt besondere Auftritte. Seit wann trittst du auf?

Auch seit 2019. Ich bin aus Peru zurückgekommen und hatte dieses Selbstbewusstsein. Im Mousonturm in Frankfurt gab es ein Casting, bei dem sie durch verschiedene Städte gereist sind und Musiker:innen gesucht haben. Ich bin einfach hin und habe das gemacht. Danach waren es vor allem Bar-Auftritte und ich habe als Gast mal auf der Sommerwerft in Frankfurt gespielt und gesungen. Letzten Sommer bin ich mit Julian auf dem Nonstock-Festival in der Nähe von Darmstadt aufgetreten. Wenn der Auftritt lang ist, finde ich eine One-Man-Show ganz allein am Klavier nicht so cool wie mit anderen Musiker:innen zusammen. Man hat auch viel mehr Spaß, wenn andere Musiker:innen dabei sind.

Kannst du dir vorstellen, bald wieder aufzutreten? Oder steht sogar schon etwas an?

Ich habe auf jeden Fall Lust, aber es stehen gerade keine an. Wegen meiner anderen Projekte ist es zurzeit sehr schwer, einen Auftritt zu organisieren. Man muss immer ready und spontan sein. Letzte Woche wurde ich für einen zweistündigen Barauftritt angefragt, aber ich hatte keine Zeit, das vorzubereiten. Zwei Stunden Auftritt sind schon viel. Es ist finanziell auch nicht einfach, mir fehlt ein Stage Piano, Verstärker und Ähnliches. Ich habe mir jetzt ein Stage Mic geholt, das war das Günstigste (lacht).

Stimmt. Alles, was mit dem Auftritt einhergeht, bedenkt man als Zuschauer:in oft gar nicht. Aber vielleicht findet bald ja wieder ein Auftritt von dir statt. Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen.

In diesem Interview habe ich mich vor allem auf deine Musik fokussiert. Aber deine künstlerische Vielfalt geht ja viel weiter. Du kannst auch wunderschön tanzen, fotografieren und du studierst Kommunikationsdesign. Ich will diese weiteren Facetten kurz anschneiden: Anfangs hast du erzählt, dass du in Peru auch viel getanzt hast. Was bedeutet Tanzen für dich?

Tanzen gibt mir immer sehr viel Energie und Glücksgefühle. Bei meiner Musik bin ich verletzlicher, während ich mich beim Tanzen vor allem wohlfühle. Mein Tanzlehrer Mabe hat mir da geholfen, indem er mein Selbstbewusstsein gestärkt hat, ganz nach dem Motto: „Fuck it, mach einfach“. Ich liebe die Tanzstile Urban und House, die Freundschaften, die Community und was noch alles damit einhergeht. Wir sind ja zusammen beim Sommerfest einer Schule aufgetreten. Allein dieser gemeinsame Auftritt bei der Schule und die Energie zwischen uns danach im Training war so intensiv. Man muss nicht miteinander sprechen, man spürt einfach, wie es den anderen geht.

Ich liebe die Verbindungen, die im Tanzen entstehen.

Während ich tanze, kann ich an nichts anderes denken – diese Momente brauche ich.

Das liebe ich auch am Tanzen. Die Energie, die dabei entsteht, miteinander und zu sich selbst ist wunderschön. Und du studierst auch noch Kommunikationsdesign mit deinem eigens gewählten Schwerpunkt auf Fotografie. Wie gehst du beim Fotografieren vor?

Ich mag dokumentarisches Fotografieren, ich inszeniere dabei gerne. Das heißt, ich baue Szenarien in meinen Fotos nach. Meine Universität legt einen Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Themen und das hat einen großen Einfluss auf meine Fotografie. Werbe- oder Hochzeitsfotos mache ich zwar auch, aber meine Projekte gehen eher in die politische Richtung. Davor habe ich ein Hip-Hop-Magazin gemacht und seit meinem Projekt mit den peruanischen Diktaturen widme ich mich immer mehr den politischen Themen.

Kannst du uns eines deiner Projekte vorstellen?

Bei meinem Diplom wird es um die sizilianische Mafia Casa Nostra gehen. Es gab dazu auch schon eine Sammelausstellung. Von Deutschland aus habe ich viel zu den Themen recherchiert, ich bin aber auch nach Sizilien gereist, habe Bilder gemacht und Interviews geführt. Das Thema ist riesig und sehr komplex. Wir sind mit dem Projekt genau in dem Todesdreieck. Und dazu weiß ich bereits viel, aber meine italienische Familie weiß noch mehr. Sie haben miterlebt, wie Leute erschossen wurden. In Geschichtsbüchern steht nicht immer alles. Da habe ich begriffen: Man muss sich die Zeit nehmen, um zu verstehen, was passiert ist.

Dieses Jahr Ende April finden die Darmstädter Tage der Fotografie statt. Unser Semester und der Kurs bei Paula Markert organisieren die Tage in Kooperation mit der Hamburger Hochschule mit dem Überthema „Krisen“. Dafür mache ich ein Projekt über Frauen. Es geht um Ängste und das Unwohlsein an bestimmten Orten, aber auch was es in manchen Situationen bedeutet, eine Frau zu sein. Dabei geht es vor allem um erlebte Geschichten der Menschen, mit denen ich für dieses Projekt zusammengearbeitet habe.

Notiert. Ich bin schon sehr gespannt auf deine Ergebnisse und deine Ausstellung.

Ob nun Musik, Fotografie, Design oder Tanz - in allen Bereichen steht der Ausdruck der Persönlichkeit im Fokus. Was denkst du, drückst du mit deiner Kunst aus?

Mhm (überlegt).

Es ist so ein Gefühl zwischen Liebesgefühlen und Frieden.

Und bei allen Dingen ist es etwas anderes: Beim Tanz drücke ich oft Wut aus, während meine Songtexte sehr persönlich sind. Wenn ich mit Abstand meine Texte lese, denke ich, dass ich die Passagen bestimmt irgendwo gelesen habe, suche danach und überrasche mich selbst, dass ich sie selbst geschrieben habe. Und bei der Fotografie achte ich viel stärker auf mein Umfeld und was da alles passiert. Ich nehme mich eher zurück und stelle andere in den Fokus.

Foto Credit: Do Mai Anh Dang

Ich finde das spannend. Deine unterschiedlichen Facetten und Interessen spiegeln sich in deiner künstlerischen Vielfalt wider.

So habe ich das bisher noch nicht gesehen (lacht).

Vorhin habe ich kurz erwähnt, dass deine deutsche Single “Bis Morgens um Vier” bald herauskommt. Willst du uns kurz erzählen, worum es im Song geht? 

Es gibt auf jeden Fall schon einen Teaser zu dem Text. Der Song ist sehr persönlich. Jeder, der sich das Lied anhört, kann es für sich persönlich interpretieren, worum und um wen es geht. Das ist mir bei diesem Lied sehr wichtig.

Für den Song hast du kürzlich auch ein Musikvideo gedreht. Das war das erste Mal, dass du ein Musikvideo gedreht hast. Wie war das für dich?

Cool (lacht). Es war ein perfekter Tag. Noch nie haben so viele Menschen bei einem meiner Lieder mitgemacht. Das Video hat David gemacht. Julian, Leonie und ich haben an der Konzeption gearbeitet. Und Nico hat sich als Protagonist für das Musikvideo bereit erklärt. Wir haben das Video in meiner Hochschule gedreht und es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich weiß noch nicht, wie das Endprodukt aussehen wird, aber ich freue mich schon darauf.

Ich freue mich auch schon auf das Endprodukt. Steht das Veröffentlichungsdatum bereits fest?

Ja, ich plane das Lied am 23.03.23 rauszubringen.

Zuletzt habe ich dir eine Frage von unserem letzten Interviewpartner Daniel von Hoessle mitgebracht, der Kunst gestaltet, die von Urbanität, Zeit und Vielfalt geprägt ist. Das Interview mit Daniel findet ihr hier. Seine Frage lautet: Was war dein Traumberuf in der Grundschule und wie denkst du heute darüber?

Mein Traumberuf war tatsächlich Kassiererin, weil ich die Geräusche von der Kasse geliebt habe und ich dachte, man könnte das Geld behalten (lacht). Ich finde es immer noch witzig. Ich hatte verschiedene Traumberufe, aber den hatte ich ziemlich lange.

Mein Traumberuf war tatsächlich mal Kioskbesitzerin, was gar nicht so weit entfernt von Sams Traumberuf ist. Auf jeden Fall will ich mich an dieser Stelle für das tolle und inspirierende Interview bedanken. Ich finde die Einblicke, die uns Sam mit ihrer Kunst gewährt, wichtig und schön. Wer sich davon noch überzeugen lassen will, dem empfehle ich sehr, Sam zu folgen und ihre vielfältige Kunst zu unterstützen.

Ihr findet ihre Musik auf Spotify unter Samantha Aimara und auf Instagram unter @samantha.aimara und ihre Fotografie/Design unter @samanthas.atelier.

Und nicht vergessen: Ihr könnt ihre fotografischen Werke während der Darmstädter Tage der Fotografie sehen, die vom 28. April bis zum 07. Mai stattfinden. Vielleicht sehen wir uns dort.

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Samantha Aimara singt, tanzt, fotografiert und designed. Ihre Kreativität kennt keine Grenzen. Als Tochter einer peruanischen Mutter und eines italienischen Vaters thematisiert sie die internationale Politik in ihren Werken. Ihre Musik ist aber auch sehr persönlich und lädt dazu ein, abzudriften und verschiedene Gefühle zu erleben. Zuletzt hat sie ihre Single Lullaby veröffentlicht.

Hallo liebe Sam, cool, dass wir dich interviewen dürfen. Wie geht’s dir? Wie war bisher dein Tag?

Mir geht’s gut. Valentinstag ist ein schöner Tag, ich bin voller Liebe.

Zum Einstieg in das Interview würde ich dich bitten, dich kurz vorzustellen: Wer bist du und was machst du?

Mein Künstlername ist Samantha Aimara. Ich bin Sängerin, Songwriterin, Tänzerin und studiere Kommunikationsdesign mit Schwerpunkt Fotografie. Sonst arbeite ich noch bei einer Unternehmensberatung und seit Januar bin ich selbstständig im Kommunikationsdesign und Fotografie.

Setzen wir erstmal den Fokus auf deine Musik: Wann hast du angefangen zu singen und wie kam es dazu?

Ich habe so mit zehn Jahren angefangen. Davor habe ich eher Klavier gespielt und komponiert, ich habe mich nicht getraut zu singen. Dann habe ich mit zehn einfache Texte geschrieben, wie zum Beispiel: „Du bist cool, du bist uncool“. Typische Texte, die in der Prä-Pubertät entstanden sind (lacht). In der Oberstufe musste ich dann singen, weil ich mein Fachabi mit Leistungskurs in Musik absolviert habe. Da ist Gesang ein großer Teil gewesen. Und seit 2019 singe ich in der Öffentlichkeit.

Das heißt, als du angefangen hast zu singen, hast du gleichzeitig auch angefangen, Songtexte zu schreiben. Was waren Schlüsselmomente, in denen du dachtest, du willst deine Musik veröffentlichen?

Das war in der Zeit, in der ich in Peru gewohnt habe. Der Einstieg in Peru fiel mir schwer, weil ich niemanden außer meine Familie kannte. Ich habe dort in einer PR-Agentur gearbeitet und ganz viel getanzt. Mein Director damals von der Tanz-Crew hatte irgendwie mitbekommen, dass ich singe und wollte, dass ich für seine Mutter ein Lied zum Muttertag schreibe. Das habe ich gemacht und habe dann noch ein anderes Lied geschrieben. Dieses Lied habe ich dann im Studio aufgenommen. Peru ist so – keine Ahnung. Immer wenn du da bist, da ist diese Energie, die dich richtig kreativ werden lässt. Du hast immer mehr Ideen und viel weniger Angst, einfach Dinge zu machen.

Ich liebe es so sehr, nach Peru zu reisen, Energie zu tanken, zurückzukommen und mir zu sagen: Überdenk nicht alles so hart.

 

Wie würdest du die kreative Energie beschreiben?

Allein die Märkte, die komplett voll sind mit jeglicher Art von Stoffen und Menschen, die auf der Straße malen. Ich glaube, diese Kreativität kommt oftmals von dem: „Que necessitas algo“ (deutsch: Du benötigst (irgend-)etwas). Finanziell ärmere Länder sind oft kreativer.

Das kann ich unterschreiben. Ich liebe die Märkte in Peru. Aber zurück zu deinen Songs. Wie würdest du deine Musik in drei Worten beschreiben?

Darüber habe ich lange nachgedacht. Ich würde sagen, auf jeden Fall ehrlich. Ich will nicht melancholisch sagen, weil es je nach Song unterschiedlich ist. Verarbeitend. Für mich persönlich, aber auch für andere Leute.

Was magst du an dem Wort melancholisch nicht? Klingt das zu negativ?

Mhmm (überlegt). Ich dachte lange Zeit, dass die Musik, die ich mache, nicht für jedermann sei, weil es lange nur Klavier und Gesang war und ich sofort dachte, dass es deswegen zu melancholisch klingt. Aber wenn du zum Beispiel abends allein im Auto sitzt und durch die Stadt fährst und abdriften willst, dann passt die Musik auf jeden Fall. Mich macht es auf jeden Fall immer wieder glücklich, mir alte Lieder anzuhören, weil ich dann zurück in die Momente eintauche, in denen ich sie geschrieben habe.

Ich finde es schön, dass du nicht den Anspruch an dich selbst hast, alle mit deiner Musik zu überzeugen.

Ich will auch gar nicht in eine Richtung gehen, Musik zu produzieren, nur um sie zu verkaufen.

In erster Linie mache ich Musik für mich.

Wenn ich mit Freund:innen rede und es ihnen nicht gut geht, können sie die Gefühle und Gründe häufig nicht ausdrücken. Ich drücke mich dann für sie mit meinen Liedern aus. Aber langsam merke ich, dass ich in meiner Musik nicht mehr so sehr in eine Melancholie verfalle. Vor zwei Tagen habe ich in anderthalb Stunden ein neues Lied geschrieben. Ich hatte eine Melodie auf Spanisch im Kopf und das Lied ist schneller, hat einen Sprechgesang, sowas liebe ich. Das Lied ist weniger melancholisch - das ist eine Entwicklung, glaube ich.

In anderthalb Stunden ein Lied runterschreiben ist schnell. Gibt es da bestimmte Situationen, wie beispielsweise eine bestimmte Uhrzeit oder einen Ort, in denen du deine Songs schreibst?

Da gibt es immer drei verschiedene Varianten. Bei der Ersten kommt mir ein Text in den Kopf mit Melodie und ich hoffe, ich bin zu Hause. Aber oft bin ich nicht zu Hause und nehme sie mit dem Handy auf. Ich habe da mittlerweile über 600 Sprachnotizen. Bei der Zweiten zwinge ich mich, zu komponieren. Dabei fällt mir das Instrumentale viel leichter. Ich mache immer das Musikalische mit dem Text zusammen. Da kann ich aber auch mal tage- oder wochenlang an einem Lied arbeiten. Und das Dritte ist mein Lieblingszustand. Mitten in der Nacht setze ich mich hin und zünde meine Kerzen an. Ich habe mir extra ein MIDI-Keyboard zum Komponieren gekauft, weil man damit besser aufnehmen kann und ich nachts damit niemanden störe. Dann mache ich die Nacht durch. So sind bspw. „Your Story“ und „La musica non’ce“ entstanden. Nachts im Dunkeln mit Kerzenlicht. 

Ich stelle mir das sehr romantisch vor.

Vor allem samstagabends. Während meine Freund:innen feiern, habe ich meine Songs komponiert (lacht).

Dann hast du genauso wenig geschlafen wie Leute, die feiern waren, aber du hast noch dazu einen Song komponiert (lacht). Gibt es denn gerade eine:n Künstler:in, der/die dich besonders inspiriert?

Ja, aber es ist eher klassische Musik. Chopin inspiriert mich instrumentalisch. Und stimmtechnisch liebe ich Nina Simone und Ella Fitzgerald. Aber mein wirklich absoluter Liebling ist Hoagy Carmichael. Meine Lieblingslieder von ihm sind: Skylark und two sleepy people. Er hat eine wundervolle Stimme.

Ich habe lange gedacht, ich hätte eine hässliche Stimme, weil ich nicht so eine klare Kirchenchorstimme habe. Das ist mir damals während des Leistungskurses in Musik aufgefallen.

Krass, dass du das gedacht hast. Wenn ich von dir erzähle, dann zuerst, dass deine Stimme wunderschön ist. Du hast deine Musik als ehrlich beschrieben und ich finde, das hört man gerade an deiner Stimme. Ich bin keine Musikexpertin, aber du legst ja auch nichts über deine Stimme.

Ja, Autotune ist nichts für mich. Meinen Song Lullaby habe ich zusammen mit Andi produziert - ich spiele das Klavier und er spielt alle anderen Instrumente. Als er dann vorgeschlagen hat, mehrstimmig zu singen – ich liebe mehrstimmige Songs – musste ich auch höher singen. Ich hatte immer Angst vor hohen Tönen und dachte, es sei nicht meine Range. Dann habe ich mich nur auf diese Töne konzentriert und habe sie auf einmal getroffen. Ich will es immer so lange versuchen, bis ich oder wir auch wirklich zufrieden sind.

Das ist auch eine Erkenntnis, zu sehen, dass du doch viel höher mit deiner Stimme kommst, als du dachtest. Auch wenn es mehr Arbeit war, hast du es schlussendlich geschafft. Was hast du davon mitgenommen?

Davon habe ich viel Energie mitgenommen. Ich bin jetzt wieder in einem Flow und habe seit Anfang des Jahres drei Lieder geschrieben. Ne, vier Lieder (lacht). Und die Melodien sind dadurch anders, weil ich mehr herumspielen kann.

Kurz aber nochmal zu deinen Songtexten. Was inspiriert dich beim Schreiben?

Ich schreibe oftmals mehr, wenn es mir schlecht geht. Wenn ich aber mit anderen Musiker:innen zusammenarbeite, wie bspw. Julian, bin ich sowieso happy und schreibe dann in dieser guten Stimmung. Inspiration finde ich in den Menschen um mich herum. Ich behandle Themen wie Liebe, Freundschaft und Gesellschaftspolitisches.

Dein Interesse an Gesellschaft und Politik ist mir vor allem in deinem Lied „sueños de paz“ aufgefallen. Ich habe dieses Lied so oft gehört, weil ich den Text liebe. Er erinnert mich an Peru. Wegen meiner peruanischen Mutter kenne ich die politische Lage in Peru, die gerade wieder sehr brisant ist. Kannst du unseren Leser:innen erklären, worum es in diesem Lied geht?

Gerne. Letztes Jahr habe ich zusammen mit dem Kollektiv Kollettivo Frankfurt ein Spendenevent bzgl. des Ukraine-Kriegs organisiert. Mehrere Musiker:innen haben nur Songs ausgewählt, in denen es um Krieg und Terror geht. Ich habe da zum ersten Mal ein Cover gemacht, aber ich wollte auch selbst etwas dazu sagen. Dann habe ich dieses Lied geschrieben und versucht, es nicht auf die Ukraine zu begrenzen. Wir haben sehr viel Krieg auf der Welt. Was gerade in Peru passiert, wissen sehr wenige und es geht in den sozialen Medien verloren. (Anm. der Redaktion: Wer eine gute Zusammenfassung zur aktuellen politischen Lage in Peru sucht, dem empfehlen wir dieses Video.) Im Jahr davor habe ich mich bei meinem Vordiplom mit Diktaturen, Terror und Extremismus in Peru, aber auch in Italien beschäftigt.

Ich konnte es nicht verstehen, dass ein Mensch allein so viel Macht hat und so viel anrichten kann, während man selbst denkt, man ist so klein und kann nichts machen.

Als ich das Lied geschrieben habe, habe ich sehr stark an Peru gedacht.

Das sind wichtige Botschaften, die du in deinem Lied festgehalten hast. Was genau hast du in deinem Vordiplom thematisiert?

Ich habe eine Dokumentation gedreht. Dabei ging es um drei Diktatoren in Peru: Fujimori, Bermúdez und Odria. Auf der einen Seite die Diktatur, auf der anderen Seite der Extremismus und Terror von Sendero Luminoso. Meine Familie war stark involviert. Mein Opa wie auch mein Ur-Opa waren beide im Militär, haben als Polizisten gearbeitet und dadurch viel mitbekommen. Meine Mutter war politisch aktiv und hat dann mit 23 Jahren zur Zeit von Fujimoris Diktatur beschlossen, aus dem Land zu gehen.

Das Lied ist auf Spanisch, dein Song „la musica non’ce“ ist auf Italienisch, „Lullaby“ singst du auf Englisch und Spanisch. Bald kommt deine erste deutsche Single heraus. Das sind viele Sprachen. Was bedeuten diese Sprachen für dich und welchen Einfluss haben sie auf deine Musik?

Italienisch singe ich tatsächlich am wenigsten. Jede Sprache hat einen anderen Klang und einen unterschiedlichen Rhythmus. Ich habe zum Spanischen eine andere emotionale Verbindung. Beim Spanischen fällt es mir leichter, schneller zu werden. Englisch ist so eine Universalsprache, damit habe ich automatisch angefangen. Ich würde auch nicht sagen, dass meine Texte auf Englisch platt sind, nur weil es nicht meine Muttersprache ist. Da versuche ich auch stilistisch und metaphorisch zu arbeiten. Ich habe immer versteckte Nachrichten. Manchmal entstehen sie automatisch. Ich muss immer lächeln, wenn ich sie dann lese. Vor deutschen Songs habe ich mich lange gewehrt, weil ich es schwer finde, auf Deutsch zu singen. Und dann ist da noch der Gedanke: „Ich bin in Deutschland, da versteht mich jeder“.

Und du hast dann keine Maske wie bei den anderen Sprachen?

Genau. Es fällt mir auch nicht schwer, auf Deutsch zu schreiben. Du kannst mir ein Wort sagen und ich schreibe dir sofort ein Gedicht dazu. Aber einen Song zu schreiben ist dann nochmal etwas anderes.  

Findest du, dass die deutsche Sprache zu hart ist? Das ist ja ein gängiges Vorurteil.

Ich kann verstehen, dass Leute das sagen, aber ich finde, die deutsche Sprache ist eine poetische und lyrische Sprache. Du kannst so viele Dinge auf so unterschiedliche Arten und Wörter ausdrücken. Im Spanischen hast du zum Beispiel ein Wort, das viele Bedeutungen hat. Mit Deutsch kannst du so vieles umschreiben.

Deine zuletzt erschienene Single heißt Lullaby. Wie kann man sich den Entstehungsprozess des Songs so vorstellen?

Das Lied ist schon drei Jahre alt. Das habe ich damals für meine Mutter geschrieben. Sie hat sich beschwert, dass ich für alle Lieder schreibe, aber nicht für sie (lacht). Der Song ist etwas anders wegen des Klaviers und der Akkordfolgen. Ich spiele den Song gerne bei Auftritten, weil ich da Solos, Intro und Outro einfügen kann. Gerade deswegen wollte ich es nie aufnehmen. Letztes Jahr habe ich Andi auf einer Veranstaltung kennengelernt, auf der wir beide Auftritte hatten. Zuerst haben wir Videos in seinem Garten gedreht und danach haben wir uns regelmäßig zum Produzieren getroffen. Andi hat einen Youtube-Kanal Couch Music Production mit ganz verschiedenen Musiker:innen, die dort auftreten. Der Auftritt mit Sofa im Garten in der Sonne war sehr schön.

Das sind bestimmt besondere Auftritte. Seit wann trittst du auf?

Auch seit 2019. Ich bin aus Peru zurückgekommen und hatte dieses Selbstbewusstsein. Im Mousonturm in Frankfurt gab es ein Casting, bei dem sie durch verschiedene Städte gereist sind und Musiker:innen gesucht haben. Ich bin einfach hin und habe das gemacht. Danach waren es vor allem Bar-Auftritte und ich habe als Gast mal auf der Sommerwerft in Frankfurt gespielt und gesungen. Letzten Sommer bin ich mit Julian auf dem Nonstock-Festival in der Nähe von Darmstadt aufgetreten. Wenn der Auftritt lang ist, finde ich eine One-Man-Show ganz allein am Klavier nicht so cool wie mit anderen Musiker:innen zusammen. Man hat auch viel mehr Spaß, wenn andere Musiker:innen dabei sind.

Kannst du dir vorstellen, bald wieder aufzutreten? Oder steht sogar schon etwas an?

Ich habe auf jeden Fall Lust, aber es stehen gerade keine an. Wegen meiner anderen Projekte ist es zurzeit sehr schwer, einen Auftritt zu organisieren. Man muss immer ready und spontan sein. Letzte Woche wurde ich für einen zweistündigen Barauftritt angefragt, aber ich hatte keine Zeit, das vorzubereiten. Zwei Stunden Auftritt sind schon viel. Es ist finanziell auch nicht einfach, mir fehlt ein Stage Piano, Verstärker und Ähnliches. Ich habe mir jetzt ein Stage Mic geholt, das war das Günstigste (lacht).

Stimmt. Alles, was mit dem Auftritt einhergeht, bedenkt man als Zuschauer:in oft gar nicht. Aber vielleicht findet bald ja wieder ein Auftritt von dir statt. Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen.

In diesem Interview habe ich mich vor allem auf deine Musik fokussiert. Aber deine künstlerische Vielfalt geht ja viel weiter. Du kannst auch wunderschön tanzen, fotografieren und du studierst Kommunikationsdesign. Ich will diese weiteren Facetten kurz anschneiden: Anfangs hast du erzählt, dass du in Peru auch viel getanzt hast. Was bedeutet Tanzen für dich?

Tanzen gibt mir immer sehr viel Energie und Glücksgefühle. Bei meiner Musik bin ich verletzlicher, während ich mich beim Tanzen vor allem wohlfühle. Mein Tanzlehrer Mabe hat mir da geholfen, indem er mein Selbstbewusstsein gestärkt hat, ganz nach dem Motto: „Fuck it, mach einfach“. Ich liebe die Tanzstile Urban und House, die Freundschaften, die Community und was noch alles damit einhergeht. Wir sind ja zusammen beim Sommerfest einer Schule aufgetreten. Allein dieser gemeinsame Auftritt bei der Schule und die Energie zwischen uns danach im Training war so intensiv. Man muss nicht miteinander sprechen, man spürt einfach, wie es den anderen geht.

Ich liebe die Verbindungen, die im Tanzen entstehen.

Während ich tanze, kann ich an nichts anderes denken – diese Momente brauche ich.

Das liebe ich auch am Tanzen. Die Energie, die dabei entsteht, miteinander und zu sich selbst ist wunderschön. Und du studierst auch noch Kommunikationsdesign mit deinem eigens gewählten Schwerpunkt auf Fotografie. Wie gehst du beim Fotografieren vor?

Ich mag dokumentarisches Fotografieren, ich inszeniere dabei gerne. Das heißt, ich baue Szenarien in meinen Fotos nach. Meine Universität legt einen Schwerpunkt auf gesellschaftspolitische Themen und das hat einen großen Einfluss auf meine Fotografie. Werbe- oder Hochzeitsfotos mache ich zwar auch, aber meine Projekte gehen eher in die politische Richtung. Davor habe ich ein Hip-Hop-Magazin gemacht und seit meinem Projekt mit den peruanischen Diktaturen widme ich mich immer mehr den politischen Themen.

Kannst du uns eines deiner Projekte vorstellen?

Bei meinem Diplom wird es um die sizilianische Mafia Casa Nostra gehen. Es gab dazu auch schon eine Sammelausstellung. Von Deutschland aus habe ich viel zu den Themen recherchiert, ich bin aber auch nach Sizilien gereist, habe Bilder gemacht und Interviews geführt. Das Thema ist riesig und sehr komplex. Wir sind mit dem Projekt genau in dem Todesdreieck. Und dazu weiß ich bereits viel, aber meine italienische Familie weiß noch mehr. Sie haben miterlebt, wie Leute erschossen wurden. In Geschichtsbüchern steht nicht immer alles. Da habe ich begriffen: Man muss sich die Zeit nehmen, um zu verstehen, was passiert ist.

Dieses Jahr Ende April finden die Darmstädter Tage der Fotografie statt. Unser Semester und der Kurs bei Paula Markert organisieren die Tage in Kooperation mit der Hamburger Hochschule mit dem Überthema „Krisen“. Dafür mache ich ein Projekt über Frauen. Es geht um Ängste und das Unwohlsein an bestimmten Orten, aber auch was es in manchen Situationen bedeutet, eine Frau zu sein. Dabei geht es vor allem um erlebte Geschichten der Menschen, mit denen ich für dieses Projekt zusammengearbeitet habe.

Notiert. Ich bin schon sehr gespannt auf deine Ergebnisse und deine Ausstellung.

Ob nun Musik, Fotografie, Design oder Tanz - in allen Bereichen steht der Ausdruck der Persönlichkeit im Fokus. Was denkst du, drückst du mit deiner Kunst aus?

Mhm (überlegt).

Es ist so ein Gefühl zwischen Liebesgefühlen und Frieden.

Und bei allen Dingen ist es etwas anderes: Beim Tanz drücke ich oft Wut aus, während meine Songtexte sehr persönlich sind. Wenn ich mit Abstand meine Texte lese, denke ich, dass ich die Passagen bestimmt irgendwo gelesen habe, suche danach und überrasche mich selbst, dass ich sie selbst geschrieben habe. Und bei der Fotografie achte ich viel stärker auf mein Umfeld und was da alles passiert. Ich nehme mich eher zurück und stelle andere in den Fokus.

Foto Credit: Do Mai Anh Dang

Ich finde das spannend. Deine unterschiedlichen Facetten und Interessen spiegeln sich in deiner künstlerischen Vielfalt wider.

So habe ich das bisher noch nicht gesehen (lacht).

Vorhin habe ich kurz erwähnt, dass deine deutsche Single “Bis Morgens um Vier” bald herauskommt. Willst du uns kurz erzählen, worum es im Song geht? 

Es gibt auf jeden Fall schon einen Teaser zu dem Text. Der Song ist sehr persönlich. Jeder, der sich das Lied anhört, kann es für sich persönlich interpretieren, worum und um wen es geht. Das ist mir bei diesem Lied sehr wichtig.

Für den Song hast du kürzlich auch ein Musikvideo gedreht. Das war das erste Mal, dass du ein Musikvideo gedreht hast. Wie war das für dich?

Cool (lacht). Es war ein perfekter Tag. Noch nie haben so viele Menschen bei einem meiner Lieder mitgemacht. Das Video hat David gemacht. Julian, Leonie und ich haben an der Konzeption gearbeitet. Und Nico hat sich als Protagonist für das Musikvideo bereit erklärt. Wir haben das Video in meiner Hochschule gedreht und es hat sehr viel Spaß gemacht. Ich weiß noch nicht, wie das Endprodukt aussehen wird, aber ich freue mich schon darauf.

Ich freue mich auch schon auf das Endprodukt. Steht das Veröffentlichungsdatum bereits fest?

Ja, ich plane das Lied am 23.03.23 rauszubringen.

Zuletzt habe ich dir eine Frage von unserem letzten Interviewpartner Daniel von Hoessle mitgebracht, der Kunst gestaltet, die von Urbanität, Zeit und Vielfalt geprägt ist. Das Interview mit Daniel findet ihr hier. Seine Frage lautet: Was war dein Traumberuf in der Grundschule und wie denkst du heute darüber?

Mein Traumberuf war tatsächlich Kassiererin, weil ich die Geräusche von der Kasse geliebt habe und ich dachte, man könnte das Geld behalten (lacht). Ich finde es immer noch witzig. Ich hatte verschiedene Traumberufe, aber den hatte ich ziemlich lange.

Mein Traumberuf war tatsächlich mal Kioskbesitzerin, was gar nicht so weit entfernt von Sams Traumberuf ist. Auf jeden Fall will ich mich an dieser Stelle für das tolle und inspirierende Interview bedanken. Ich finde die Einblicke, die uns Sam mit ihrer Kunst gewährt, wichtig und schön. Wer sich davon noch überzeugen lassen will, dem empfehle ich sehr, Sam zu folgen und ihre vielfältige Kunst zu unterstützen.

Ihr findet ihre Musik auf Spotify unter Samantha Aimara und auf Instagram unter @samantha.aimara und ihre Fotografie/Design unter @samanthas.atelier.

Und nicht vergessen: Ihr könnt ihre fotografischen Werke während der Darmstädter Tage der Fotografie sehen, die vom 28. April bis zum 07. Mai stattfinden. Vielleicht sehen wir uns dort.

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