Zivile Polizeikontrollen – Der schmale Grat zwischen Schutz und Schikane

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Kuddelmuddel, Jana Geiss
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Offenbach - eine Stadt mit lebendiger Kulturszene, die jedoch von einer langjährigen Auseinandersetzung mit der „Partypolizei“ überschattet wird. Insbesondere bei Techno-Veranstaltungen, sei es in der Kommune2010 oder renommierten Clubs wie dem MTW, macht die Polizei ihre Präsenz deutlich. Dieser scheinbare Schutz wird jedoch von vielen als Schikane empfunden.

Die Beschwerden von Klaus Unkelbach, dem Besitzer der Clubs MTW und Robert Johnson im Jahr 2014, markierten den Anfang einer öffentlichen Debatte über unverhältnismäßige Kontrollen und Durchsuchungen ohne konkreten Verdacht. Die Antwort der Polizei, dass sie "auch ganz anders könnten“, warf bereits damals die Frage auf, wie weit die Befugnisse reichen.

Unkelbach gab uns gegenüber an, dass in seinem Bereich keine aktuellen Beschwerden vorliegen, doch in Richtung Kommune2010 bleibt die Polizeipolitik hart. Sina (Name von der Redaktion geändert), eine Betroffene, erzählte uns von einer Erfahrung im Juli dieses Jahres auf dem Weg zum Kuddelmuddel Festival, einer beliebten Freiluftveranstaltung auf dem Gelände der Kommune2010. Sina und ihre Freunde waren zu Fuß vom Hauptbahnhof Offenbach zum Festivalgelände unterwegs, als die zivilen Polizist:innen sie unerwartet anhielten. Diese kontrollierten Ausweise – soweit rechtens – und durchsuchten Taschen. Die Grenze des Gesetzes wurde jedoch überschritten, als Sina ohne konkreten Verdacht unter den BH gegriffen wurde.

Der Hintergrund des Gesetzes § 18 HSOG, der die Personenkontrollen in Hessen regelt, wurde dabei ignoriert. Die Polizei darf die Identität feststellen und Maßnahmen ergreifen; jedoch nur, wenn dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Bedeutet im Klartext, dass die Polizei Personen anhalten, befragen und ihre mitgeführten Sachen in Augenschein nehmen darf, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person an einer bevorstehenden Straftat beteiligt sein könnte oder wenn es zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.

In diesem konkreten Fall war das jedoch nicht zutreffend. Nachdem der Abgleich der persönlichen Daten mit dem Strafregister ergab, dass bei keiner der kontrollierten Personen Vorstrafen vorlagen und keiner der Anwesenden sich auffällig verhielt, hätte die Kontrolle als abgeschlossen gelten müssen. Die Nachwuchs-Polizist:innen sahen das offensichtlich anders.

Sina zahlte einen hohen Preis für diese Kontrolle. Weil eine geringe Menge illegaler Substanzen und ein Grinder (Anm. d. Red.: Werkzeug zum Zerkleinern von Kräutern) bei ihr gefunden wurden, erhielt sie einige Monate später ein Schreiben der Führerscheinbehörde. Ohne weitere Anhörung wurde Sina aufgefordert, Urinproben abzugeben und im Rahmen eines medizinischen Gutachtens ihre generelle Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu belegen. Werde sie dem nicht nachkommen, so das Schreiben, würde ihr der Führerschein entzogen. Eine Kontrolle, die von Anfang an gesetzlich nicht gerechtfertigt war, führte so zu Kosten von fast 1.000 Euro, obwohl Sina und ihre Freunde am Tag der Party verantwortungsbewusst mit dem Zug angereist waren. 

Jonas (Name geändert), ein weiterer Betroffener, schilderte uns eine ähnliche Erfahrung aus dem vergangenen Sommer. Kontrolliert ohne Verdacht wurden auch er und seine Truppe dazu gezwungen, sich auf dem Gehweg - unter neugierigen Blicken von Passanten - durchsuchen zu lassen. Es wurden keine Gesetzesverstöße festgestellt. Diese Praxis, wie auch von Veranstalter Alex Horn gegenüber der Hessenschau bestätigt, schreckt potenzielle Partygäste ab.

"Die Leute haben keinen Bock, nach Offenbach feiern zu gehen und vorher komplett auseinandergenommen zu werden", so Horn im Interview mit Lisa Steck.

Sina und Jonas sind nicht die Einzigen, mit denen wir gesprochen haben. Die Vorkommnisse häufen sich. Das Verhalten der Polizei kriminalisiert nicht nur diejenigen, die tatsächlich auf eine Party wollen, sondern auch jene, die nur so aussehen. Die Aussage des Offenbacher Polizeisprechers, dass in bunter Kleidung auf dem Weg zu einer Veranstaltung zu sein, als Verdacht für eine Kontrolle nicht ausreiche, klingt in der Theorie fair. Die Realität, wie unsere Recherche zeigt, sieht allerdings anders aus. Das schadet besonders der Stimmung der Besucher:innen, gefährdet aber auch ernsthaft die florierende Kulturszene.

Die Frage drängt sich daher auf: Wo verläuft die Grenze zwischen dem Schutz der Gesellschaft und der Schikane der Feierkultur?

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage im kommenden Sommer entwickelt, wenn sich - hoffentlich - wieder viele Raver:innen auf den Weg zur Kommune2010 machen. Die Stadt Offenbach muss dabei eine Balance finden, um Sicherheit zu gewährleisten, ohne dabei die Freiheit der Gesellschaft zu opfern.

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Offenbach - eine Stadt mit lebendiger Kulturszene, die jedoch von einer langjährigen Auseinandersetzung mit der „Partypolizei“ überschattet wird. Insbesondere bei Techno-Veranstaltungen, sei es in der Kommune2010 oder renommierten Clubs wie dem MTW, macht die Polizei ihre Präsenz deutlich. Dieser scheinbare Schutz wird jedoch von vielen als Schikane empfunden.

Die Beschwerden von Klaus Unkelbach, dem Besitzer der Clubs MTW und Robert Johnson im Jahr 2014, markierten den Anfang einer öffentlichen Debatte über unverhältnismäßige Kontrollen und Durchsuchungen ohne konkreten Verdacht. Die Antwort der Polizei, dass sie "auch ganz anders könnten“, warf bereits damals die Frage auf, wie weit die Befugnisse reichen.

Unkelbach gab uns gegenüber an, dass in seinem Bereich keine aktuellen Beschwerden vorliegen, doch in Richtung Kommune2010 bleibt die Polizeipolitik hart. Sina (Name von der Redaktion geändert), eine Betroffene, erzählte uns von einer Erfahrung im Juli dieses Jahres auf dem Weg zum Kuddelmuddel Festival, einer beliebten Freiluftveranstaltung auf dem Gelände der Kommune2010. Sina und ihre Freunde waren zu Fuß vom Hauptbahnhof Offenbach zum Festivalgelände unterwegs, als die zivilen Polizist:innen sie unerwartet anhielten. Diese kontrollierten Ausweise – soweit rechtens – und durchsuchten Taschen. Die Grenze des Gesetzes wurde jedoch überschritten, als Sina ohne konkreten Verdacht unter den BH gegriffen wurde.

Der Hintergrund des Gesetzes § 18 HSOG, der die Personenkontrollen in Hessen regelt, wurde dabei ignoriert. Die Polizei darf die Identität feststellen und Maßnahmen ergreifen; jedoch nur, wenn dies zur Erfüllung polizeilicher Aufgaben erforderlich ist. Bedeutet im Klartext, dass die Polizei Personen anhalten, befragen und ihre mitgeführten Sachen in Augenschein nehmen darf, sofern Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person an einer bevorstehenden Straftat beteiligt sein könnte oder wenn es zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit erforderlich ist.

In diesem konkreten Fall war das jedoch nicht zutreffend. Nachdem der Abgleich der persönlichen Daten mit dem Strafregister ergab, dass bei keiner der kontrollierten Personen Vorstrafen vorlagen und keiner der Anwesenden sich auffällig verhielt, hätte die Kontrolle als abgeschlossen gelten müssen. Die Nachwuchs-Polizist:innen sahen das offensichtlich anders.

Sina zahlte einen hohen Preis für diese Kontrolle. Weil eine geringe Menge illegaler Substanzen und ein Grinder (Anm. d. Red.: Werkzeug zum Zerkleinern von Kräutern) bei ihr gefunden wurden, erhielt sie einige Monate später ein Schreiben der Führerscheinbehörde. Ohne weitere Anhörung wurde Sina aufgefordert, Urinproben abzugeben und im Rahmen eines medizinischen Gutachtens ihre generelle Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu belegen. Werde sie dem nicht nachkommen, so das Schreiben, würde ihr der Führerschein entzogen. Eine Kontrolle, die von Anfang an gesetzlich nicht gerechtfertigt war, führte so zu Kosten von fast 1.000 Euro, obwohl Sina und ihre Freunde am Tag der Party verantwortungsbewusst mit dem Zug angereist waren. 

Jonas (Name geändert), ein weiterer Betroffener, schilderte uns eine ähnliche Erfahrung aus dem vergangenen Sommer. Kontrolliert ohne Verdacht wurden auch er und seine Truppe dazu gezwungen, sich auf dem Gehweg - unter neugierigen Blicken von Passanten - durchsuchen zu lassen. Es wurden keine Gesetzesverstöße festgestellt. Diese Praxis, wie auch von Veranstalter Alex Horn gegenüber der Hessenschau bestätigt, schreckt potenzielle Partygäste ab.

"Die Leute haben keinen Bock, nach Offenbach feiern zu gehen und vorher komplett auseinandergenommen zu werden", so Horn im Interview mit Lisa Steck.

Sina und Jonas sind nicht die Einzigen, mit denen wir gesprochen haben. Die Vorkommnisse häufen sich. Das Verhalten der Polizei kriminalisiert nicht nur diejenigen, die tatsächlich auf eine Party wollen, sondern auch jene, die nur so aussehen. Die Aussage des Offenbacher Polizeisprechers, dass in bunter Kleidung auf dem Weg zu einer Veranstaltung zu sein, als Verdacht für eine Kontrolle nicht ausreiche, klingt in der Theorie fair. Die Realität, wie unsere Recherche zeigt, sieht allerdings anders aus. Das schadet besonders der Stimmung der Besucher:innen, gefährdet aber auch ernsthaft die florierende Kulturszene.

Die Frage drängt sich daher auf: Wo verläuft die Grenze zwischen dem Schutz der Gesellschaft und der Schikane der Feierkultur?

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Lage im kommenden Sommer entwickelt, wenn sich - hoffentlich - wieder viele Raver:innen auf den Weg zur Kommune2010 machen. Die Stadt Offenbach muss dabei eine Balance finden, um Sicherheit zu gewährleisten, ohne dabei die Freiheit der Gesellschaft zu opfern.

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