Ponyhof, Frankfurt. Die Labeltour von 365XX Records steht an. Gleich sollen CARY, Jolle, SATARII und MIMII ordentlich den Club anheizen. Die vier Künstlerinnen gehören zu dem Female HipHop Label 365XX Records. Das von Lina Burghausen gegründete Label veröffentlicht ausschließlich die Musik von Rapperinnen.
Bevor es losgeht, sitze ich mit der Fotografin im Schlepptau auf Europaletten unweit der Location, und wir essen Pommes und trinken Ayran. "Ghetto-Ästhetik", wie ich es nenne. Ich bin gespannt auf die bevorstehenden Acts; ich hatte die Künstlerinnen zuvor noch nie live erlebt, geschweige denn viele Lieder von ihnen gekannt.
Um 19 Uhr beginnt der Einlass. Um 20 Uhr soll es losgehen. Als ich den Ponyhof Club betrete, wird mir klar, wie klein die Location eigentlich ist. Irgendwie gemütlich.
Die Atmosphäre ist gelassen, und die Leute vor Ort locker. SATARII und MIMII tummeln sich schon vor ihren Auftritten im Geschehen und wirken nahbar und energiegeladen. Die beiden strahlen eine unglaubliche Power aus. Frauen, die gelernt haben, vielleicht auch lernen mussten, für sich einzustehen, so wirkt es.
Kurz bevor es losgeht, holen wir uns ein Getränk, und Lina, die Labelgründerin, stimmt die Leute auf die bevorstehenden Acts ein.
Um 20 Uhr stürmt die erste Künstlerin auf die Bühne. SATARII.
Ihre Präsenz nimmt den ganzen Raum ein. SATARII wirkt mutig und frech, und ihre Texte sind es auch. "Will kein Catcall oder Deeptalk. Deute nicht die Signale falsch. Was musst du hinterher pfeifen, Junge? Kannst du sonst nicht deinen Wert steigern, Junge?". Die Zeilen stammen aus ihrem Track "Geh ma weg". SATARII rappt von neuen Standards, und wenn ich ihr so zuhöre, macht mich das stolz. Sie wirkt wie eine große Schwester, die mir das Gefühl gibt, dass ich laut und selbstsicher sein darf.
Ich empfinde SATARII als Energiebündel mit einer ordentlichen Menge Selbstbewusstsein. Fast ein wenig einschüchternd, jedoch zugleich animierend. Als SATARII beginnt, ihren Track "DIY" zu rappen, hat sie mich endgültig gecatcht. "Feuer im Blut. Sie nenn‘ mich Feuerlord". Ich mag das Feuer-Symbol in den Lyrics. SATARII ist sauer, und mit ihrem inneren Feuer kämpft sie gegen vorherrschende Machtstrukturen. In einem von Männern dominierten Business muss sie sich durchsetzen, und das wird in ihren Texten ersichtlich.
Ich gewinne den Eindruck, dass die Texte heute Tiefgang haben werden.
Als nächste ist MIMII dran.
MIMII wirkt entwaffnend ehrlich und tiefgründig. Mit ihrem Track "Traum" berührt sie mich. "Wenn das Trauma kickt, schau hinter die Kulissen. Sie sagen es sei gut, doch im Hintergrund beschissen." Krieg im Kopf, und MIMII rappt darüber. Ich fühle mich gehört, und anderen Leuten im Publikum scheint es ähnlich zu gehen.
Besonders gut gefällt mir auch ihr Track "So isses". Es geht um Wandel und Transformation. MIMII fordert mehr Empathie und Menschlichkeit. "Ja, und so isses wohl, und so wie es ist, bleibt es lediglich, wenn man den neben sich vergisst, und nur sich selbst bemisst, dabei betrifft es dich nicht, man kann sagen was man will, weil du abtrünnig bist, in Gefühlen nicht misst, sondern Sachlichkeit willst." Ich finde, mit diesen Zeilen hat MIMII es geschafft, ihre Gedanken sehr eindrucksvoll in Worte zu fassen.
Als CARY auf die Stage kommt, bewundere ich ihre auffällige Erscheinung.
Schon ihr Look catcht mich, und auch ihre Lieder hinterlassen bleibenden Eindruck. Sie wirkt mystisch. CARYS Musik lädt zum Fühlen ein. Alles ist erlaubt, wie sie selbst sagt. Ich empfinde sie als extrem professionell und wie für die Bühne gemacht.
CARY singt unter anderem über Depressionen und den Cut mit ihrem Vater. CARY packt mich emotional. Ich habe das Gefühl, ihr nahezustehen, ausgelöst durch ihre Offenheit und Verletzlichkeit. "Stockfinster. Ist da draußen immer noch Winter. Ist nicht irgendjemand da, den das hier erreicht. Gib mir doch Bescheid, wenn die Sonne wieder scheint." Die Zeilen stammen aus ihrem Track "Stockfinster". CARY rappt hier darüber, wie sich eine Depression anfühlt, und ich finde die Symbolik, die sie dazu nutzt, sehr schön.
CARY spricht davon, hochsensibel zu sein, und wirkt generell sehr authentisch und aufrichtig. Ich empfehle jeder und jedem, in ihre Musik reinzuhören, wenn man Gefühle zulassen möchte. Oder vielleicht auch einfach, um die Lieder zu hören und schön zu finden.
Der letzte Act steht an und damit mein persönliches Highlight: jolle.
jolle kommt auf die Stage und ist zuckersüß. Ihre Stimme ist sympathisch und süß, ihr Outfit lässig und cool. Ihre ganze Art wirkt auf mich natürlich, und ihr Auftreten professionell.
Professionell sage ich nicht, weil sie sich besonders gewählt ausdrückt oder vor Selbstsicherheit strotzt. Sie besitzt einfach das perfekte Maß von allem. Ich kann mich auch mit ihren Texten gut identifizieren. In ihrem Lied "Parisienne" rappt Jolle von inneren Kämpfen und Rastlosigkeit. "Raum ohne Fenster, ich glaub, ich ersticke. Brauch frische Luft, was ich bekomm, ist ‘ne Kippe." Jolle sucht die Mitte, aber weiß nicht, wo das ist, wie sie rappt.
"Parisienne" werde ich mir auch weiterhin anhören. Genauso geht es mir mit ihrem Lied "Große Freiheit". Mein absoluter Favorit, sowohl von Jolle als auch an dem heutigen Abend.
Auf der berühmten Seitenstraße im Hamburger Stadtteil St. Pauli geht‘s ab. So auch in Jolles Track. Ein pushender Beat, darauf Jolle, wie sie von Freiheitsgefühlen und hoch hinaus wollen, rappt. "Ey, ich geh hoch - ich seh die Freiheit von oben, weil ich bin groß - hab alle Zweifel verloren, man, ich will los - nur noch eine Flasche holen, ich bin süchtig nach Veränderung und anderen Drogen."
Das Lied wirkt auf mich euphorisierend, und ich bin nicht die einzige im Club, die springt.
Ich habe dank den Künstlerinnen einen schönen Abend im Ponyhof Club verbracht und verschiedene Emotionen gespürt. Ich bin begeistert von dem all female Konzept des Labels, denn die Mädels haben heute Abend bewiesen: Wir Frauen können auch. Und das sogar richtig gut.
Ponyhof, Frankfurt. Die Labeltour von 365XX Records steht an. Gleich sollen CARY, Jolle, SATARII und MIMII ordentlich den Club anheizen. Die vier Künstlerinnen gehören zu dem Female HipHop Label 365XX Records. Das von Lina Burghausen gegründete Label veröffentlicht ausschließlich die Musik von Rapperinnen.
Bevor es losgeht, sitze ich mit der Fotografin im Schlepptau auf Europaletten unweit der Location, und wir essen Pommes und trinken Ayran. "Ghetto-Ästhetik", wie ich es nenne. Ich bin gespannt auf die bevorstehenden Acts; ich hatte die Künstlerinnen zuvor noch nie live erlebt, geschweige denn viele Lieder von ihnen gekannt.
Um 19 Uhr beginnt der Einlass. Um 20 Uhr soll es losgehen. Als ich den Ponyhof Club betrete, wird mir klar, wie klein die Location eigentlich ist. Irgendwie gemütlich.
Die Atmosphäre ist gelassen, und die Leute vor Ort locker. SATARII und MIMII tummeln sich schon vor ihren Auftritten im Geschehen und wirken nahbar und energiegeladen. Die beiden strahlen eine unglaubliche Power aus. Frauen, die gelernt haben, vielleicht auch lernen mussten, für sich einzustehen, so wirkt es.
Kurz bevor es losgeht, holen wir uns ein Getränk, und Lina, die Labelgründerin, stimmt die Leute auf die bevorstehenden Acts ein.
Um 20 Uhr stürmt die erste Künstlerin auf die Bühne. SATARII.
Ihre Präsenz nimmt den ganzen Raum ein. SATARII wirkt mutig und frech, und ihre Texte sind es auch. "Will kein Catcall oder Deeptalk. Deute nicht die Signale falsch. Was musst du hinterher pfeifen, Junge? Kannst du sonst nicht deinen Wert steigern, Junge?". Die Zeilen stammen aus ihrem Track "Geh ma weg". SATARII rappt von neuen Standards, und wenn ich ihr so zuhöre, macht mich das stolz. Sie wirkt wie eine große Schwester, die mir das Gefühl gibt, dass ich laut und selbstsicher sein darf.
Ich empfinde SATARII als Energiebündel mit einer ordentlichen Menge Selbstbewusstsein. Fast ein wenig einschüchternd, jedoch zugleich animierend. Als SATARII beginnt, ihren Track "DIY" zu rappen, hat sie mich endgültig gecatcht. "Feuer im Blut. Sie nenn‘ mich Feuerlord". Ich mag das Feuer-Symbol in den Lyrics. SATARII ist sauer, und mit ihrem inneren Feuer kämpft sie gegen vorherrschende Machtstrukturen. In einem von Männern dominierten Business muss sie sich durchsetzen, und das wird in ihren Texten ersichtlich.
Ich gewinne den Eindruck, dass die Texte heute Tiefgang haben werden.
Als nächste ist MIMII dran.
MIMII wirkt entwaffnend ehrlich und tiefgründig. Mit ihrem Track "Traum" berührt sie mich. "Wenn das Trauma kickt, schau hinter die Kulissen. Sie sagen es sei gut, doch im Hintergrund beschissen." Krieg im Kopf, und MIMII rappt darüber. Ich fühle mich gehört, und anderen Leuten im Publikum scheint es ähnlich zu gehen.
Besonders gut gefällt mir auch ihr Track "So isses". Es geht um Wandel und Transformation. MIMII fordert mehr Empathie und Menschlichkeit. "Ja, und so isses wohl, und so wie es ist, bleibt es lediglich, wenn man den neben sich vergisst, und nur sich selbst bemisst, dabei betrifft es dich nicht, man kann sagen was man will, weil du abtrünnig bist, in Gefühlen nicht misst, sondern Sachlichkeit willst." Ich finde, mit diesen Zeilen hat MIMII es geschafft, ihre Gedanken sehr eindrucksvoll in Worte zu fassen.
Als CARY auf die Stage kommt, bewundere ich ihre auffällige Erscheinung.
Schon ihr Look catcht mich, und auch ihre Lieder hinterlassen bleibenden Eindruck. Sie wirkt mystisch. CARYS Musik lädt zum Fühlen ein. Alles ist erlaubt, wie sie selbst sagt. Ich empfinde sie als extrem professionell und wie für die Bühne gemacht.
CARY singt unter anderem über Depressionen und den Cut mit ihrem Vater. CARY packt mich emotional. Ich habe das Gefühl, ihr nahezustehen, ausgelöst durch ihre Offenheit und Verletzlichkeit. "Stockfinster. Ist da draußen immer noch Winter. Ist nicht irgendjemand da, den das hier erreicht. Gib mir doch Bescheid, wenn die Sonne wieder scheint." Die Zeilen stammen aus ihrem Track "Stockfinster". CARY rappt hier darüber, wie sich eine Depression anfühlt, und ich finde die Symbolik, die sie dazu nutzt, sehr schön.
CARY spricht davon, hochsensibel zu sein, und wirkt generell sehr authentisch und aufrichtig. Ich empfehle jeder und jedem, in ihre Musik reinzuhören, wenn man Gefühle zulassen möchte. Oder vielleicht auch einfach, um die Lieder zu hören und schön zu finden.
Der letzte Act steht an und damit mein persönliches Highlight: jolle.
jolle kommt auf die Stage und ist zuckersüß. Ihre Stimme ist sympathisch und süß, ihr Outfit lässig und cool. Ihre ganze Art wirkt auf mich natürlich, und ihr Auftreten professionell.
Professionell sage ich nicht, weil sie sich besonders gewählt ausdrückt oder vor Selbstsicherheit strotzt. Sie besitzt einfach das perfekte Maß von allem. Ich kann mich auch mit ihren Texten gut identifizieren. In ihrem Lied "Parisienne" rappt Jolle von inneren Kämpfen und Rastlosigkeit. "Raum ohne Fenster, ich glaub, ich ersticke. Brauch frische Luft, was ich bekomm, ist ‘ne Kippe." Jolle sucht die Mitte, aber weiß nicht, wo das ist, wie sie rappt.
"Parisienne" werde ich mir auch weiterhin anhören. Genauso geht es mir mit ihrem Lied "Große Freiheit". Mein absoluter Favorit, sowohl von Jolle als auch an dem heutigen Abend.
Auf der berühmten Seitenstraße im Hamburger Stadtteil St. Pauli geht‘s ab. So auch in Jolles Track. Ein pushender Beat, darauf Jolle, wie sie von Freiheitsgefühlen und hoch hinaus wollen, rappt. "Ey, ich geh hoch - ich seh die Freiheit von oben, weil ich bin groß - hab alle Zweifel verloren, man, ich will los - nur noch eine Flasche holen, ich bin süchtig nach Veränderung und anderen Drogen."
Das Lied wirkt auf mich euphorisierend, und ich bin nicht die einzige im Club, die springt.
Ich habe dank den Künstlerinnen einen schönen Abend im Ponyhof Club verbracht und verschiedene Emotionen gespürt. Ich bin begeistert von dem all female Konzept des Labels, denn die Mädels haben heute Abend bewiesen: Wir Frauen können auch. Und das sogar richtig gut.