Die Ästhetik der neuen Generation

Für die einen sind es die dreckigen Ecken der Stadt, für Daniel ist es Inspiration und ein Zeichen von Leben.

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Nicht selten finden wir heutzutage Schönheit im vermeintlich Unschönen. In den Ecken, in die niemand schaut, in denen nicht alles der Norm entspricht, die Linien gerade und akkurat sind, oder Körper perfekt in Szene gesetzt werden. Ich habe mich mit Daniel getroffen, für den das Unperfekte die perfekte Inspiration seiner Arbeit darstellt. Daraus ist mehr ein Gespräch als ein Interview geworden und wir tauschten uns aus über Ästhetik, die Inspiration einer Stadt und über unsere Wünsche. 

Hey Daniel, ich freue mich sehr, heute mit dir zu quatschen. Du weißt, dass du schon sehr lange auf meiner Liste stehst. Du bist Künstler aus Wiesbaden und um es erstmal sehr oberflächlich zusammen zu fassen: Du malst. 

Genau, also hauptsächlich! 

In meiner Wahrnehmung malst du sehr minimalistisch, aber trotzdem flächig. 

Ja, kommt schon ungefähr hin, aber ich verstecke ja sehr viele Sachen in meinen Bildern. Da ist die Frage - ist das minimalistisch? Grundsätzlich wirkt es auf den ersten Blick aber häufig erstmal so. 

Es wirkt zumindest auf den ersten Blick oft sehr ruhig. Es wirkt einfach nicht so erschlagend. Du verwendest oft gedeckte Farben. Du bist auf jeden Fall inspiriert von Urbanität. Arbeitest eigentlich immer mit unterschiedlichen Materialien, bringst Gegenstände mit ein, wie zum Beispiel eine Neonröhre auf der Leinwand. Damit man aber erstmal eine Vorstellung bekommt, was du eigentlich genau machst: Wie würdest du denn beschreiben, was du malst?

Puh, schwierig. Ich thematisiere auf jeden Fall das Thema Zeit in meinen Bildern. Das ist mir sehr wichtig und begleitet mich schon immer. Inspirieren lasse ich mich von Farben und Strukturen in der Stadt, aber auch der Natur. Meistens sind es eher die dreckigen Ecken, die von “normalen” Menschen eher als störend oder schmutzig empfunden werden. Für mich ist das ein Zeichen von Leben in der Stadt. Die Menschen kommunizieren, ob bewusst oder unbewusst. Jeder hinterlässt seine Spuren und die Natur interagiert damit, in Form von Witterung zum Beispiel.

Schön, dass du das Thema schon ansprichst. Wenn man dich zum Beispiel auf Instagram verfolgt, sieht man auch häufig Einblicke in deinen “Point of View" im Alltag. Oft sind es eher die dreckigen Ecken, Tags, Farbspiele und auf den ersten Blick oft random Motive. Was fasziniert dich daran oder lässt dich anhalten?

Ganz unterschiedlich! Manchmal sind es Sachen, die ich lustig finde. Vor ein paar Tagen habe ich eine Uludağ Dose mit einem Kackhaufen daneben fotografiert (lacht). Oder auch die Spuren, die hinterlassen wurden, wenn irgendwo ein Tag gesprüht wurde, das jemand anderes wieder schlecht überstreicht. Das versuche ich festzuhalten und auch ein bisschen Inspiration zu sammeln. 

Ich würde mal schätzen, dass wir ungefähr im gleichen Alter sind und ich finde es immer wieder spannend, wie unsere Generation Ästhetik wahrnimmt. Vielleicht ist es auch total abhängig von den Kreisen, in denen man unterwegs ist, aber mein Umkreis und auch ich finden Schönheit oft in auf den ersten Blick unschönen Sachen oder Dingen, die man auf der Straße sieht. Das sind häufig Sachen, bei denen viele Leute gar nicht hinschauen, weil es irgendwie “dreckig” scheint. Dadurch ist ja mittlerweile eine ganz eigene Ästhetik entstanden, die manche als “Antistyle” bezeichnen würden. Wie nimmst du das wahr? Hast du auch das Gefühl, dass damit viel gespielt wird?

Ja, schon! Ich sehe das auch generell in unserer Gesellschaft und meinem Umfeld. Ob das im Rap ist, in der Kunst oder Kleidung. Ich weiß gar nicht, woher dieser Trend kommt, vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass manche Subkulturen einfach den Mainstream erreicht haben und die Menschen dadurch offener für neues sind. Vor allem die Hip Hop Kultur ist ja mittlerweile sehr stark verbreitet.

Ich glaube auch, dass Subkulturen, wie zum Beispiel Hip-Hop, da eine große Rolle spielen. In unserer Sommerpause habe ich auch schon mit Anian darüber gesprochen. Da habe ich für mich den Schluss gezogen, dass es mich immer catched, wenn es weggeht von dem “Normschönen”. Ich liebe es, einen Instagram Post zu machen, bei dem ich keinen einzigen Filter verwende und einfach meine Eindrücke sammle, als ein Beispiel. 

Vielleicht liegt es auch an dem, was auf der Welt alles passiert, alle Probleme, die stattfinden. Vielleicht haben wir uns auch einfach sattgesehen an der ganzen perfekten Instagram-Welt. Der perfekte Urlaub, der perfekte Körper, der krasseste Lifestyle, keine Ahnung. 

-+

Es ist ja auch irgendwie eine Abwehrhaltung gegen das Perfekte. 

Ja, ein bisschen “Scheiß auf alles”-Haltung. 

Das bringt Jugendkultur ja auch schon immer mit sich. Es soll ein bisschen anecken und dagegen gehen. Es ist vielleicht auch eine gewisse Art von Provokation. 

Aber wir spulen nochmal ein wenig zurück zu deinen Anfängen. Was war denn dein erster Berührungspunkt mit Kunst und Kultur?

Ich habe schon immer gemalt. Irgendwann habe ich mich für Graffiti interessiert und bin in die Szene reingerutscht. Durch Graffiti kam ich dann auch auf die Buffs (Anm. d. Red.: Bezeichnung für das Entfernen von Graffiti durch Reinigungsmittel oder Übermalen), die ich heute in meinen Arbeiten thematisiere. Ich finde es einfach spannend, wie mehrere Menschen unbewusst Kunst schaffen mit ihrem Handeln. So habe ich selbst zur Kunst und zur Leinwand gefunden. Seit dem Studium merke ich, dass mich das alles immer mehr interessiert und es immer mehr gibt, was ich wissen will. 

Wie du gerade gesagt hast: Du studierst an der HfG in Offenbach. Welche Vor- und Nachteile siehst du für dich, dich auch auf dem klassischen Bildungsweg mit Kunst und Kreativität zu beschäftigen? Hattest du schonmal das Gefühl, dass dich das auch einschränken kann?

Ne, habe ich gar nicht das Gefühl. An unserer Uni ist man schon sehr frei in dem, was man macht. Eingeschränkt hat mich das nie, eher im Gegenteil. Das hat mich oft gepusht und unsere Professoren, die dort sind, wissen sehr viel und können immer helfen. Generell ist es natürlich schwierig, nach so einem Studium einen Job zu finden oder als Künstler von seiner Kunst leben zu können. Das ist auch einfach ein Stück weit Glückssache. Viele Leute wählen deshalb vielleicht lieber den sicheren Weg, studieren nicht Kunst, sondern vielleicht lieber BWL. Das Gute ist, man kann sich auch ohne Abitur an der HfG bewerben, mit einer Mappe. So hat jeder den möglichen Zugang, egal welchen Abschluss man gemacht hat. 

Das wusste ich gar nicht! Es ist gut zu sehen, dass es Möglichkeiten gibt und nur auf dein Können und Talent geschaut wird, statt auf deine Noten und deinen Bildungsweg. 

Ja, das finde ich auch sehr cool! Kunst sollte für jeden zugänglich sein. Man braucht dafür kein Abitur. 

Wie kann man sich die Leute an deiner Uni vorstellen? Gibt es auch viele unterschiedliche Interessensgruppen? Viele Leute, die ich an der HfG kenne, interessieren sich sehr für Streetart, Urbanität und roughere, unperfekte Kunst. Dominiert das, oder ist es sehr breit aufgestellt?

Bei uns an der Uni ist es schon so, dass das Urbane eine große Rolle spielt. Ich würde aber trotzdem sagen, dass es ein gut durchmischtes Publikum ist. Es gibt zum Beispiel auch Malerei Kurse, da sind eher Leute, die in die klassische Malerei gehen wollen. In anderen Kursen werden urbane Themen eher aufgegriffen. Der Trend geht aber auf jeden Fall eher in die urbane Richtung.

Glaubst du, das hängt auch mit dem Standort zusammen? Offenbach als Stadt steht ja auch für Roughness, wenn wir auf Musik und Subkultur generell blicken. 

Klar! Wenn man eher einen dörflichen Standort hätte, lässt man sich vielleicht mehr von der Natur inspirieren, wodurch die Werke dann auch geprägt werden. In Offenbach gibt es eher dreckige Ecken, wodurch die Leute andere Eindrücke sammeln und in ihrer Kunst widerspiegeln.  

Du hast schon ein paar Punkte eingeworfen, aber was inspiriert dich bei deinem Kunstschaffen? 

Schwierige Frage! Von Formen und Farben habe ich ja schon gesprochen. Am meisten inspirieren mich aktuell die Buffs, die schlecht weg gestrichenen oder weggeputzten Graffiti. Daran fasziniert mich der Aspekt, dass jemand mit dem Gedanken hingeht, es sauber zu machen, es aber im Endeffekt nicht besser zu machen. Es sieht danach nur einfach anders aus. Es findet sozusagen ein Interessens Kampf statt.

Da ist ja auch die Ebene interessant, dass du ursprünglich vom Graffiti kommst und dich damit in den letzten Jahren vermutlich viel beschäftigt hast. Was willst du damit ausdrücken? Du gibst damit ja klar eine Botschaft mit. 

An den Buffs fasziniert mich die Interaktion, die zwischen den Menschen stattfindet. Jemand hinterlässt sein Zeichen, dann kommt jemand, der sich darüber aufgeregt und es überstreicht, vielleicht sogar um die Person, die gemalt hat, zu nerven. Dann nimmt er eine ganz andere Farbe, streicht drüber und schafft ungewollt und unbewusst neue Kunst. Das wird von den meisten gar nicht so wahrgenommen. Gleichzeitig interagiert die Natur ebenfalls mit der Wand. Da kann man vorher nie wissen, was am Ende daraus entsteht. Die Buffs symbolisieren Themen, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige, wie zum Beispiel Schnelllebigkeit, Vergänglichkeit, Veränderung und Entwicklung und im Allgemeinen den Einfluss der Zeit und der Natur im urbanen Raum.

 

Die Interaktion, die du gerade beschrieben hast, habe ich so noch nie wahrgenommen, aber das stimmt natürlich. Es folgt eine Reaktion auf eine Aktion und etwas Neues entsteht. Das ist ja eigentlich der versinnbildlichte Diskurs, der über das Thema Streetart und Graffiti schon immer geführt wird und an einer Wand ausgetragen wird. 

Was glaubst du, geben deine Bilder den Betrachter:innen?

Sehr unterschiedlich! Ich habe schon die verschiedensten Reaktionen gesehen. Manche Leute stehen davor und sagen “Was soll denn das sein?” oder “Das ist keine Kunst!”. Andere Leute sind mega fasziniert, stehen lange davor und fragen sehr interessiert. Manche finden es auch einfach schön. So wie ich es mitbekommen habe, löst es bei den meisten Menschen Freude aus und sie finden es vielleicht sogar teilweise amüsant. 

Dem kann ich mich auf jeden Fall anschließen. Ich habe ja schon zu Beginn gesagt, dass mich deine Bilder meistens sehr beruhigen aufgrund der Farbwahl. Manchmal kann mich Kunst sehr stressen, das ist bei dir anders. 

Man kann auf jeden Fall sagen, dass du gerade im Rhein-Main-Gebiet auch schon relativ etabliert bist. Du stellst regelmäßig aus, zum Beispiel damals bei der Gutleut Galerie, auf der ich deine Bilder zum ersten Mal gesehen habe. Im Januar dieses Jahr hast du zum zweiten Mal im Diamant in Offenbach ausgestellt, was von eurer Uni kuratiert wird. Jetzt im Februar stellst du im Lili, im ehemaligen Lilien-Carré, aus. Wie bist du denn deine ersten Schritte gegangen, wenn es um das Thema Ausstellung geht?

Für meine erste Ausstellung hat mich die Galerie Gutleut gefragt, ob ich ausstellen möchte. Das war über Instagram. Ich habe damals angefangen, meine Sachen hochzuladen und dadurch den Menschen zugänglich zu machen. Dann kam das eine zum anderen. Erst die Ausstellung in der Galerie Gutleut, dort wurde meine Kunst dann von immer mehr Leuten gesehen. Daraufhin kamen immer mehr Leute auf mich zu und haben gefragt, ob ich bei ihnen ausstellen will. Die KOL Galerie in Den Haag war die zweite Galerie, die meine Bilder ausstellen wollte, was mich mega gefreut hat. So habe ich die Chance, auch außerhalb von Deutschland auszustellen. Dort läuft gerade auch die dritte Ausstellung. Das waren so die ersten Schritte und ich bin sehr gespannt, was in der Zukunft kommt und bin dankbar für alles, was bisher möglich war und alle, die mich auf meinem Weg unterstützt haben. 

Das ist mega, wenn man die Möglichkeit bekommt, relativ früh in der Laufbahn auch außerhalb von Deutschland ausstellen zu können. 

Aber genau das meinte ich auch vorhin mit dem Glück haben. Man braucht einfach Glück. Natürlich muss man viel tun und den Leuten muss die Kunst etwas geben. Trotzdem gehört Glück dazu, ob die Leute und Galerien auf einen aufmerksam werden und einen anfragen. 

Total! So viele Menschen machen gute Sachen, sind talentiert und am Ende wird natürlich trotzdem nicht jeder berühmt mit seiner Kunst. Umso schöner, wenn es funktioniert und man etwas erschafft, was vielleicht heraussticht und zur richtigen Zeit gesehen wird. Social Media hilft da natürlich enorm. 

Ja, es ist heutzutage einfach fast schon notwendig, im Internet präsent zu sein. Klar, man kann es auch komplett ohne Internetpräsenz schaffen, berühmt zu werden, aber es ist meiner Meinung nach einfach wesentlich leichter über diesen Weg.

Das stimmt! Es klopft halt leider niemand bei dir an und sagt “Hey, ich will dein Bild ausstellen.” (lacht). 

Ne, leider nicht (lacht). Man muss es den Leuten irgendwie zugänglich machen. 

Was war für dich die bedeutendste Ausstellung oder Situation als Künstler?

Schwierig, eigentlich alles (lacht)! Am meisten habe ich mich aber, glaube ich, über meine erste Ausstellung gefreut in der Galerie Gutleut, die Leute haben die Werke gut angenommen, was mich natürlich mega gefreut hat. Aber auch, dass die Galerie in 

Den Haag mich angefragt hat. Hm… Eigentlich alles.

Viele Künstler:innen haben das Problem, gar keine Ausstellungsfläche zu bekommen oder haben keine Möglichkeiten, sich ein Atelier oder Studio zu leisten. Was ist dein Tipp, wo man sich informieren kann und wie man vorgeht?

Mit Ateliers und Studios ist es hier in der Gegend oft schwer. Da muss man, glaube ich, einfach Augen und Ohren offen halten und jede Möglichkeit nutzen und anfragen. In Wiesbaden gibt es das Kunsthaus in der Wellritzstraße. Da kann man Ateliers bekommen, die allerdings nur alle vier Jahre neu vergeben werden. Wir haben auch ewig gesucht und dann irgendwann Glück gehabt. Ausstellungen in leerstehenden Räumen sind immer eine Idee, aber oft schwierig. Wir hatten in der Corona-Zeit die Idee, bei leerstehenden Läden anzufragen und eine kleine Ausstellung zu organisieren. Viele Vermieter haben darauf aber keinen Bock wegen dem Vertrag, der gemacht werden muss. Von der Stadt fehlen leider Zuschüsse. Die Galerie Gutleut wurde ja beispielsweise auch komplett eigenständig aufgebaut. 

Es ist so schade, dass die leerstehenden Gebäude nicht genutzt werden. Es gibt so viele, gerade in Wiesbaden. 

Ja, mega viel! Vor allem nach der Corona-Krise gibt es immer mehr Leerstand, weil Läden schließen mussten. 

Wir reden eigentlich mit jedem Künstler und jeder Künstlerin über die Wünsche, die wir an die Kunst- und Kulturszene stellen und kommen immer wieder an den Punkt. Ich glaube, keiner erwartet, dass uns die Stadt einfach machen lässt, was wir wollen, aber die Kulturszene wird trotzdem meist vergessen. Dann wird lieber noch ein Parkhaus gebaut, statt die Fläche für Räumlichkeiten zu nutzen. Klar, weil wir in Wiesbaden zu viele Autos haben.

(Lacht) Vielleicht liegt es auch am Nahverkehr, den man erstmal verbessern sollte. Aber ja, es geht natürlich immer auch um Profit. Wenn in den Räumen Künstler aktiv sind, bringt das natürlich nicht so viel Geld ein wie ein Parkhaus, in das viele Leute fahren und bezahlen. Das ist einfach ein grundlegendes Problem und nochmal ein ganz anderes Thema. Da könnte man ewig drüber sprechen. Was ich mir aber wünschen würde, wäre, dass der Leerstand einfach genutzt wird. Es kann natürlich Regeln geben, aber es ist schade, dass die Häuser einfach leer bleiben. 

Total! Oft braucht es ja auch gar nicht viel, um eine gute Ausstellungsstätte zu ermöglichen. Man müsste Leerstand ja nicht zwingend renovieren, um ihn zugänglich zu machen. 

Sowas belebt einfach eine Stadt. Man sieht es gerade im Diamant in Offenbach. Viele Leute sind froh darüber, dass es so etwas gibt, freuen sich und nutzen das Angebot. Das gibt den Leuten etwas und bringt die Menschen zusammen, schafft Verbindungen unter Nachbarn und den Bewohnern einer Stadt. Das muss einfach anders angegangen werden. 

Das Problem ist ja häufig, dass sich das viele Menschen wünschen, einige auch laut werden, aber diese Wünsche ja häufig von einer Generation kommen, die in diesen Diskursen gar nicht erst ernst genommen wird. Wenn junge Leute kommen und sagen “Wir wollen hier Kunst machen.” und auf der Gegenseite ein Investor steht, wird es meist schwierig.

Ein Investor kommt halt dann mit Gewinnen und das wird bei Kunst schwierig. Da geht es um das kulturelle Angebot, da sind Zahlen meist nicht greifbar oder skalierbar. 

Über Umwege bringt es aber ja immer Geld in eine Stadt. Ein gutes Angebot lockt die Leute an, man geht noch was Essen oder Ähnliches. 

Die Leute kommen zusammen und es wird ein kulturelles Angebot geschaffen. Das sollte eigentlich reichen.

Wir wollen die Plattform natürlich nicht nur dafür nutzen, um darüber zu sprechen, was besser laufen könnte, sondern auch um die Breite unserer Kunst- und Kulturszene aufzuzeigen. Ich weiß nicht, ob dir das ähnlich geht oder ging, aber ich dachte lange, dass Wiesbaden nicht der Place to be ist, um Kunst zu machen.  

Das sehe ich genauso! Es gibt einfach viel zu wenig Möglichkeiten, ob es um Ateliers oder Ausstellungsräume geht.

Mittlerweile denke ich ein bisschen anders und finde es eher interessant, in einer Stadt aktiv zu sein, in der du nicht einfach nur einer von sehr, sehr vielen Fischen bist, die kreativ sind, wie zum Beispiel in Großstädten wie Berlin. Ich glaube, da kann man auch schnell untergehen. Ist Wiesbaden für dich ein Ort, an dem du glaubst, langfristig glücklich und erfolgreich zu werden als Künstler?

Schwierige Frage, aber ich persönlich will irgendwann nochmal woanders hin. Erstmal bin ich hier und mache mein Studium fertig. Ich glaube, Wiesbaden schränkt mich manchmal ein bisschen ein, auch außerhalb der Kunst. Hier geht einfach wenig und in anderen Städten ist irgendwie mehr Leben, habe ich manchmal das Gefühl. Trotzdem verbinde ich viel mit meiner Heimatstadt. Oder wie siehst du das heute?

Verstehe ich. In Wiesbaden hat mir eine Zeit lang die Inspiration gefehlt. Neue Leute zu treffen, Nachtleben und Trubel sind für mich einfach eine große Inspiration. Ich brauche den Stress irgendwie um mich herum, um kreativ zu werden (lacht). Aber ich glaube nicht mehr, dass man dafür zwingend eine bestimmte Stadt braucht. Am besten wäre es doch, wenn wir überall Berlin haben. Überall so viele Möglichkeiten, eine breite kreative Szene - das wäre mein Wunschziel. Ich habe das Gefühl, dass in der letzten Zeit sehr viel im Rhein-Main-Gebiet passiert und wir sind auf einem guten Weg. Liegt vielleicht auch ein bisschen an der After-Corona-Episode, dass alle Bock haben. 

Ich glaube auch nicht, dass man in eine bestimmte Stadt muss, um bekannt zu werden. Ich glaube, am wichtigsten ist, dass man sich wohlfühlt und die Gegebenheiten einen zufriedenstellen. Ich für mich merke, dass ich, wenn ich länger in Wiesbaden bin und nicht verreise, zeitweise eingeschränkt bin, was meine Inspiration angeht. Wenn ich rauskomme und etwas Neues sehe, habe ich direkt neue Ideen.  

Das verstehe ich auch. Wenn man in einer Stadt aufwächst und groß wird, ist es ja auch interessant, mal auszutesten, wie man sich woanders fühlt und welche Erfahrungen das mit sich bringt. Gibt es für dich eine Stadt, bei der du glaubst, am meisten Inspiration zu finden?

Sehr schwierig. Ich glaube, am meisten Inspiration würde ich in den USA finden, wo das mit den Buffs auch sehr ausgeprägt ist, dort würde ich aber aus anderen Gründen nicht leben wollen. Aber mir fallen sehr viele Städte ein. Barcelona finde ich zum Beispiel mega interessant. Die Kunstszene ist da mega stark, es gibt gutes Essen und schönes Wetter. Es muss auf jeden Fall nicht zwingend Deutschland sein. Andere Länder finde ich auch sehr spannend. Ich möchte mich da aber nicht auf ein Land oder eine Stadt beschränken, es gibt viel zu viele interessante Orte.

Wenn wir wieder zurück gehen nach Wiesbaden und in das Rhein-Main-Gebiet, ist es ja auch unsere Agenda aufzuzeigen, was und wen es hier alles gibt. Ich hatte ja bereits die Ehre, mit Lenny Westend zu sprechen, über den ich auch zum Teil auf dich aufmerksam wurde. Wer fällt dir denn als Erstes ein, der oder die dich hier begeistert?

Soll ich jetzt einfach ein bisschen Namedropping machen (lacht)? Also Konstantin Kipfmüller kann ich empfehlen. Mit ihm gemeinsam habe ich ein Atelier. Seine Sachen finde ich extrem inspirierend. Lenny Westend macht krasse Videos, Yor7 aka Yorkar ist in Wiesbaden sowas wie eine Legende und falls jemand ein freshes Tattoo braucht, ist ToyTim euer Mann.

Wie und wo konsumierst du denn Kunst und Kultur? Gehst du zum Beispiel viel auf Ausstellungen?

Am meisten bin ich auf der Straße unterwegs und nehme mit, was geht. Ansonsten tatsächlich viel im Internet. Wenn es mal ne coole Ausstellung in Frankfurt oder Wiesbaden gibt, schaue ich mir das auch an. Aber ich schaue schon viel im Internet. Da hat man einfach ein größeres Blickfeld auf die Kunst und man sieht auch Leute, die nicht die Möglichkeit haben, auszustellen. Das ist für mich genauso interessant wie Leute, die in einer Galerie ausstellen. Dort hat jeder die Möglichkeit, seine Sachen zu zeigen. 

Wir haben schon über deine Wünsche gesprochen, die du an die Kunst- und Kulturszene stellst. Gibt es da noch etwas, was du dir wünschen würdest, oder auch für dich persönlich?

Auf jeden Fall mehr Förderungen der Stadt, mehr Angebote. Offen sein für Projekte, mehr Räume schaffen und Leerstand nutzen. Ich glaube, das wäre schon ein guter Anfang (lacht). Für meine Kunst wünsche ich mir, noch mehr Leute zu erreichen. 

Ich wünsche mir, dass ich bald endlich so viel Kohle verdiene, dass ich mir ein Bild von dir kaufen kann (lacht). Das steht auf jeden Fall auf meiner Bucketlist. 

Das freut mich sehr! Es ist natürlich am schönsten, wenn dem Betrachter/der Betrachterin ein Werk so sehr gefällt, dass er/sie es nicht nur anschauen, sondern sogar besitzen möchte.

Wir haben zum Abschluss noch eine Frage von unserem vorherigen Interviewgast, von MINIMALSUREAL. Sie möchte gerne wissen, wann du das erste Mal Hausarrest bekommen hast und für was?

Ich kann mich an eine Situation erinnern, da hatten wir ein Gerüst vorm Haus stehen. Ein damaliger Freund und ich sind auf die Idee gekommen, auf dieses Gerüst zu klettern, das haben die Nachbarn natürlich gesehen und die Polizei verständigt, die dann sehr schnell bei meinen Eltern vor der Tür stand. Das fanden meine Eltern natürlich nicht so nice und dann gabs Hausarrest.

Ich danke dir für deine Zeit und das gute Gespräch. 

Ihr findet Daniel auf Instagram unter @daniel.edvon oder direkt über diesen Link: Daniel’s Instagram

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Nicht selten finden wir heutzutage Schönheit im vermeintlich Unschönen. In den Ecken, in die niemand schaut, in denen nicht alles der Norm entspricht, die Linien gerade und akkurat sind, oder Körper perfekt in Szene gesetzt werden. Ich habe mich mit Daniel getroffen, für den das Unperfekte die perfekte Inspiration seiner Arbeit darstellt. Daraus ist mehr ein Gespräch als ein Interview geworden und wir tauschten uns aus über Ästhetik, die Inspiration einer Stadt und über unsere Wünsche. 

Hey Daniel, ich freue mich sehr, heute mit dir zu quatschen. Du weißt, dass du schon sehr lange auf meiner Liste stehst. Du bist Künstler aus Wiesbaden und um es erstmal sehr oberflächlich zusammen zu fassen: Du malst. 

Genau, also hauptsächlich! 

In meiner Wahrnehmung malst du sehr minimalistisch, aber trotzdem flächig. 

Ja, kommt schon ungefähr hin, aber ich verstecke ja sehr viele Sachen in meinen Bildern. Da ist die Frage - ist das minimalistisch? Grundsätzlich wirkt es auf den ersten Blick aber häufig erstmal so. 

Es wirkt zumindest auf den ersten Blick oft sehr ruhig. Es wirkt einfach nicht so erschlagend. Du verwendest oft gedeckte Farben. Du bist auf jeden Fall inspiriert von Urbanität. Arbeitest eigentlich immer mit unterschiedlichen Materialien, bringst Gegenstände mit ein, wie zum Beispiel eine Neonröhre auf der Leinwand. Damit man aber erstmal eine Vorstellung bekommt, was du eigentlich genau machst: Wie würdest du denn beschreiben, was du malst?

Puh, schwierig. Ich thematisiere auf jeden Fall das Thema Zeit in meinen Bildern. Das ist mir sehr wichtig und begleitet mich schon immer. Inspirieren lasse ich mich von Farben und Strukturen in der Stadt, aber auch der Natur. Meistens sind es eher die dreckigen Ecken, die von “normalen” Menschen eher als störend oder schmutzig empfunden werden. Für mich ist das ein Zeichen von Leben in der Stadt. Die Menschen kommunizieren, ob bewusst oder unbewusst. Jeder hinterlässt seine Spuren und die Natur interagiert damit, in Form von Witterung zum Beispiel.

Schön, dass du das Thema schon ansprichst. Wenn man dich zum Beispiel auf Instagram verfolgt, sieht man auch häufig Einblicke in deinen “Point of View" im Alltag. Oft sind es eher die dreckigen Ecken, Tags, Farbspiele und auf den ersten Blick oft random Motive. Was fasziniert dich daran oder lässt dich anhalten?

Ganz unterschiedlich! Manchmal sind es Sachen, die ich lustig finde. Vor ein paar Tagen habe ich eine Uludağ Dose mit einem Kackhaufen daneben fotografiert (lacht). Oder auch die Spuren, die hinterlassen wurden, wenn irgendwo ein Tag gesprüht wurde, das jemand anderes wieder schlecht überstreicht. Das versuche ich festzuhalten und auch ein bisschen Inspiration zu sammeln. 

Ich würde mal schätzen, dass wir ungefähr im gleichen Alter sind und ich finde es immer wieder spannend, wie unsere Generation Ästhetik wahrnimmt. Vielleicht ist es auch total abhängig von den Kreisen, in denen man unterwegs ist, aber mein Umkreis und auch ich finden Schönheit oft in auf den ersten Blick unschönen Sachen oder Dingen, die man auf der Straße sieht. Das sind häufig Sachen, bei denen viele Leute gar nicht hinschauen, weil es irgendwie “dreckig” scheint. Dadurch ist ja mittlerweile eine ganz eigene Ästhetik entstanden, die manche als “Antistyle” bezeichnen würden. Wie nimmst du das wahr? Hast du auch das Gefühl, dass damit viel gespielt wird?

Ja, schon! Ich sehe das auch generell in unserer Gesellschaft und meinem Umfeld. Ob das im Rap ist, in der Kunst oder Kleidung. Ich weiß gar nicht, woher dieser Trend kommt, vielleicht hängt es auch damit zusammen, dass manche Subkulturen einfach den Mainstream erreicht haben und die Menschen dadurch offener für neues sind. Vor allem die Hip Hop Kultur ist ja mittlerweile sehr stark verbreitet.

Ich glaube auch, dass Subkulturen, wie zum Beispiel Hip-Hop, da eine große Rolle spielen. In unserer Sommerpause habe ich auch schon mit Anian darüber gesprochen. Da habe ich für mich den Schluss gezogen, dass es mich immer catched, wenn es weggeht von dem “Normschönen”. Ich liebe es, einen Instagram Post zu machen, bei dem ich keinen einzigen Filter verwende und einfach meine Eindrücke sammle, als ein Beispiel. 

Vielleicht liegt es auch an dem, was auf der Welt alles passiert, alle Probleme, die stattfinden. Vielleicht haben wir uns auch einfach sattgesehen an der ganzen perfekten Instagram-Welt. Der perfekte Urlaub, der perfekte Körper, der krasseste Lifestyle, keine Ahnung. 

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Es ist ja auch irgendwie eine Abwehrhaltung gegen das Perfekte. 

Ja, ein bisschen “Scheiß auf alles”-Haltung. 

Das bringt Jugendkultur ja auch schon immer mit sich. Es soll ein bisschen anecken und dagegen gehen. Es ist vielleicht auch eine gewisse Art von Provokation. 

Aber wir spulen nochmal ein wenig zurück zu deinen Anfängen. Was war denn dein erster Berührungspunkt mit Kunst und Kultur?

Ich habe schon immer gemalt. Irgendwann habe ich mich für Graffiti interessiert und bin in die Szene reingerutscht. Durch Graffiti kam ich dann auch auf die Buffs (Anm. d. Red.: Bezeichnung für das Entfernen von Graffiti durch Reinigungsmittel oder Übermalen), die ich heute in meinen Arbeiten thematisiere. Ich finde es einfach spannend, wie mehrere Menschen unbewusst Kunst schaffen mit ihrem Handeln. So habe ich selbst zur Kunst und zur Leinwand gefunden. Seit dem Studium merke ich, dass mich das alles immer mehr interessiert und es immer mehr gibt, was ich wissen will. 

Wie du gerade gesagt hast: Du studierst an der HfG in Offenbach. Welche Vor- und Nachteile siehst du für dich, dich auch auf dem klassischen Bildungsweg mit Kunst und Kreativität zu beschäftigen? Hattest du schonmal das Gefühl, dass dich das auch einschränken kann?

Ne, habe ich gar nicht das Gefühl. An unserer Uni ist man schon sehr frei in dem, was man macht. Eingeschränkt hat mich das nie, eher im Gegenteil. Das hat mich oft gepusht und unsere Professoren, die dort sind, wissen sehr viel und können immer helfen. Generell ist es natürlich schwierig, nach so einem Studium einen Job zu finden oder als Künstler von seiner Kunst leben zu können. Das ist auch einfach ein Stück weit Glückssache. Viele Leute wählen deshalb vielleicht lieber den sicheren Weg, studieren nicht Kunst, sondern vielleicht lieber BWL. Das Gute ist, man kann sich auch ohne Abitur an der HfG bewerben, mit einer Mappe. So hat jeder den möglichen Zugang, egal welchen Abschluss man gemacht hat. 

Das wusste ich gar nicht! Es ist gut zu sehen, dass es Möglichkeiten gibt und nur auf dein Können und Talent geschaut wird, statt auf deine Noten und deinen Bildungsweg. 

Ja, das finde ich auch sehr cool! Kunst sollte für jeden zugänglich sein. Man braucht dafür kein Abitur. 

Wie kann man sich die Leute an deiner Uni vorstellen? Gibt es auch viele unterschiedliche Interessensgruppen? Viele Leute, die ich an der HfG kenne, interessieren sich sehr für Streetart, Urbanität und roughere, unperfekte Kunst. Dominiert das, oder ist es sehr breit aufgestellt?

Bei uns an der Uni ist es schon so, dass das Urbane eine große Rolle spielt. Ich würde aber trotzdem sagen, dass es ein gut durchmischtes Publikum ist. Es gibt zum Beispiel auch Malerei Kurse, da sind eher Leute, die in die klassische Malerei gehen wollen. In anderen Kursen werden urbane Themen eher aufgegriffen. Der Trend geht aber auf jeden Fall eher in die urbane Richtung.

Glaubst du, das hängt auch mit dem Standort zusammen? Offenbach als Stadt steht ja auch für Roughness, wenn wir auf Musik und Subkultur generell blicken. 

Klar! Wenn man eher einen dörflichen Standort hätte, lässt man sich vielleicht mehr von der Natur inspirieren, wodurch die Werke dann auch geprägt werden. In Offenbach gibt es eher dreckige Ecken, wodurch die Leute andere Eindrücke sammeln und in ihrer Kunst widerspiegeln.  

Du hast schon ein paar Punkte eingeworfen, aber was inspiriert dich bei deinem Kunstschaffen? 

Schwierige Frage! Von Formen und Farben habe ich ja schon gesprochen. Am meisten inspirieren mich aktuell die Buffs, die schlecht weg gestrichenen oder weggeputzten Graffiti. Daran fasziniert mich der Aspekt, dass jemand mit dem Gedanken hingeht, es sauber zu machen, es aber im Endeffekt nicht besser zu machen. Es sieht danach nur einfach anders aus. Es findet sozusagen ein Interessens Kampf statt.

Da ist ja auch die Ebene interessant, dass du ursprünglich vom Graffiti kommst und dich damit in den letzten Jahren vermutlich viel beschäftigt hast. Was willst du damit ausdrücken? Du gibst damit ja klar eine Botschaft mit. 

An den Buffs fasziniert mich die Interaktion, die zwischen den Menschen stattfindet. Jemand hinterlässt sein Zeichen, dann kommt jemand, der sich darüber aufgeregt und es überstreicht, vielleicht sogar um die Person, die gemalt hat, zu nerven. Dann nimmt er eine ganz andere Farbe, streicht drüber und schafft ungewollt und unbewusst neue Kunst. Das wird von den meisten gar nicht so wahrgenommen. Gleichzeitig interagiert die Natur ebenfalls mit der Wand. Da kann man vorher nie wissen, was am Ende daraus entsteht. Die Buffs symbolisieren Themen, mit denen ich mich tagtäglich beschäftige, wie zum Beispiel Schnelllebigkeit, Vergänglichkeit, Veränderung und Entwicklung und im Allgemeinen den Einfluss der Zeit und der Natur im urbanen Raum.

 

Die Interaktion, die du gerade beschrieben hast, habe ich so noch nie wahrgenommen, aber das stimmt natürlich. Es folgt eine Reaktion auf eine Aktion und etwas Neues entsteht. Das ist ja eigentlich der versinnbildlichte Diskurs, der über das Thema Streetart und Graffiti schon immer geführt wird und an einer Wand ausgetragen wird. 

Was glaubst du, geben deine Bilder den Betrachter:innen?

Sehr unterschiedlich! Ich habe schon die verschiedensten Reaktionen gesehen. Manche Leute stehen davor und sagen “Was soll denn das sein?” oder “Das ist keine Kunst!”. Andere Leute sind mega fasziniert, stehen lange davor und fragen sehr interessiert. Manche finden es auch einfach schön. So wie ich es mitbekommen habe, löst es bei den meisten Menschen Freude aus und sie finden es vielleicht sogar teilweise amüsant. 

Dem kann ich mich auf jeden Fall anschließen. Ich habe ja schon zu Beginn gesagt, dass mich deine Bilder meistens sehr beruhigen aufgrund der Farbwahl. Manchmal kann mich Kunst sehr stressen, das ist bei dir anders. 

Man kann auf jeden Fall sagen, dass du gerade im Rhein-Main-Gebiet auch schon relativ etabliert bist. Du stellst regelmäßig aus, zum Beispiel damals bei der Gutleut Galerie, auf der ich deine Bilder zum ersten Mal gesehen habe. Im Januar dieses Jahr hast du zum zweiten Mal im Diamant in Offenbach ausgestellt, was von eurer Uni kuratiert wird. Jetzt im Februar stellst du im Lili, im ehemaligen Lilien-Carré, aus. Wie bist du denn deine ersten Schritte gegangen, wenn es um das Thema Ausstellung geht?

Für meine erste Ausstellung hat mich die Galerie Gutleut gefragt, ob ich ausstellen möchte. Das war über Instagram. Ich habe damals angefangen, meine Sachen hochzuladen und dadurch den Menschen zugänglich zu machen. Dann kam das eine zum anderen. Erst die Ausstellung in der Galerie Gutleut, dort wurde meine Kunst dann von immer mehr Leuten gesehen. Daraufhin kamen immer mehr Leute auf mich zu und haben gefragt, ob ich bei ihnen ausstellen will. Die KOL Galerie in Den Haag war die zweite Galerie, die meine Bilder ausstellen wollte, was mich mega gefreut hat. So habe ich die Chance, auch außerhalb von Deutschland auszustellen. Dort läuft gerade auch die dritte Ausstellung. Das waren so die ersten Schritte und ich bin sehr gespannt, was in der Zukunft kommt und bin dankbar für alles, was bisher möglich war und alle, die mich auf meinem Weg unterstützt haben. 

Das ist mega, wenn man die Möglichkeit bekommt, relativ früh in der Laufbahn auch außerhalb von Deutschland ausstellen zu können. 

Aber genau das meinte ich auch vorhin mit dem Glück haben. Man braucht einfach Glück. Natürlich muss man viel tun und den Leuten muss die Kunst etwas geben. Trotzdem gehört Glück dazu, ob die Leute und Galerien auf einen aufmerksam werden und einen anfragen. 

Total! So viele Menschen machen gute Sachen, sind talentiert und am Ende wird natürlich trotzdem nicht jeder berühmt mit seiner Kunst. Umso schöner, wenn es funktioniert und man etwas erschafft, was vielleicht heraussticht und zur richtigen Zeit gesehen wird. Social Media hilft da natürlich enorm. 

Ja, es ist heutzutage einfach fast schon notwendig, im Internet präsent zu sein. Klar, man kann es auch komplett ohne Internetpräsenz schaffen, berühmt zu werden, aber es ist meiner Meinung nach einfach wesentlich leichter über diesen Weg.

Das stimmt! Es klopft halt leider niemand bei dir an und sagt “Hey, ich will dein Bild ausstellen.” (lacht). 

Ne, leider nicht (lacht). Man muss es den Leuten irgendwie zugänglich machen. 

Was war für dich die bedeutendste Ausstellung oder Situation als Künstler?

Schwierig, eigentlich alles (lacht)! Am meisten habe ich mich aber, glaube ich, über meine erste Ausstellung gefreut in der Galerie Gutleut, die Leute haben die Werke gut angenommen, was mich natürlich mega gefreut hat. Aber auch, dass die Galerie in 

Den Haag mich angefragt hat. Hm… Eigentlich alles.

Viele Künstler:innen haben das Problem, gar keine Ausstellungsfläche zu bekommen oder haben keine Möglichkeiten, sich ein Atelier oder Studio zu leisten. Was ist dein Tipp, wo man sich informieren kann und wie man vorgeht?

Mit Ateliers und Studios ist es hier in der Gegend oft schwer. Da muss man, glaube ich, einfach Augen und Ohren offen halten und jede Möglichkeit nutzen und anfragen. In Wiesbaden gibt es das Kunsthaus in der Wellritzstraße. Da kann man Ateliers bekommen, die allerdings nur alle vier Jahre neu vergeben werden. Wir haben auch ewig gesucht und dann irgendwann Glück gehabt. Ausstellungen in leerstehenden Räumen sind immer eine Idee, aber oft schwierig. Wir hatten in der Corona-Zeit die Idee, bei leerstehenden Läden anzufragen und eine kleine Ausstellung zu organisieren. Viele Vermieter haben darauf aber keinen Bock wegen dem Vertrag, der gemacht werden muss. Von der Stadt fehlen leider Zuschüsse. Die Galerie Gutleut wurde ja beispielsweise auch komplett eigenständig aufgebaut. 

Es ist so schade, dass die leerstehenden Gebäude nicht genutzt werden. Es gibt so viele, gerade in Wiesbaden. 

Ja, mega viel! Vor allem nach der Corona-Krise gibt es immer mehr Leerstand, weil Läden schließen mussten. 

Wir reden eigentlich mit jedem Künstler und jeder Künstlerin über die Wünsche, die wir an die Kunst- und Kulturszene stellen und kommen immer wieder an den Punkt. Ich glaube, keiner erwartet, dass uns die Stadt einfach machen lässt, was wir wollen, aber die Kulturszene wird trotzdem meist vergessen. Dann wird lieber noch ein Parkhaus gebaut, statt die Fläche für Räumlichkeiten zu nutzen. Klar, weil wir in Wiesbaden zu viele Autos haben.

(Lacht) Vielleicht liegt es auch am Nahverkehr, den man erstmal verbessern sollte. Aber ja, es geht natürlich immer auch um Profit. Wenn in den Räumen Künstler aktiv sind, bringt das natürlich nicht so viel Geld ein wie ein Parkhaus, in das viele Leute fahren und bezahlen. Das ist einfach ein grundlegendes Problem und nochmal ein ganz anderes Thema. Da könnte man ewig drüber sprechen. Was ich mir aber wünschen würde, wäre, dass der Leerstand einfach genutzt wird. Es kann natürlich Regeln geben, aber es ist schade, dass die Häuser einfach leer bleiben. 

Total! Oft braucht es ja auch gar nicht viel, um eine gute Ausstellungsstätte zu ermöglichen. Man müsste Leerstand ja nicht zwingend renovieren, um ihn zugänglich zu machen. 

Sowas belebt einfach eine Stadt. Man sieht es gerade im Diamant in Offenbach. Viele Leute sind froh darüber, dass es so etwas gibt, freuen sich und nutzen das Angebot. Das gibt den Leuten etwas und bringt die Menschen zusammen, schafft Verbindungen unter Nachbarn und den Bewohnern einer Stadt. Das muss einfach anders angegangen werden. 

Das Problem ist ja häufig, dass sich das viele Menschen wünschen, einige auch laut werden, aber diese Wünsche ja häufig von einer Generation kommen, die in diesen Diskursen gar nicht erst ernst genommen wird. Wenn junge Leute kommen und sagen “Wir wollen hier Kunst machen.” und auf der Gegenseite ein Investor steht, wird es meist schwierig.

Ein Investor kommt halt dann mit Gewinnen und das wird bei Kunst schwierig. Da geht es um das kulturelle Angebot, da sind Zahlen meist nicht greifbar oder skalierbar. 

Über Umwege bringt es aber ja immer Geld in eine Stadt. Ein gutes Angebot lockt die Leute an, man geht noch was Essen oder Ähnliches. 

Die Leute kommen zusammen und es wird ein kulturelles Angebot geschaffen. Das sollte eigentlich reichen.

Wir wollen die Plattform natürlich nicht nur dafür nutzen, um darüber zu sprechen, was besser laufen könnte, sondern auch um die Breite unserer Kunst- und Kulturszene aufzuzeigen. Ich weiß nicht, ob dir das ähnlich geht oder ging, aber ich dachte lange, dass Wiesbaden nicht der Place to be ist, um Kunst zu machen.  

Das sehe ich genauso! Es gibt einfach viel zu wenig Möglichkeiten, ob es um Ateliers oder Ausstellungsräume geht.

Mittlerweile denke ich ein bisschen anders und finde es eher interessant, in einer Stadt aktiv zu sein, in der du nicht einfach nur einer von sehr, sehr vielen Fischen bist, die kreativ sind, wie zum Beispiel in Großstädten wie Berlin. Ich glaube, da kann man auch schnell untergehen. Ist Wiesbaden für dich ein Ort, an dem du glaubst, langfristig glücklich und erfolgreich zu werden als Künstler?

Schwierige Frage, aber ich persönlich will irgendwann nochmal woanders hin. Erstmal bin ich hier und mache mein Studium fertig. Ich glaube, Wiesbaden schränkt mich manchmal ein bisschen ein, auch außerhalb der Kunst. Hier geht einfach wenig und in anderen Städten ist irgendwie mehr Leben, habe ich manchmal das Gefühl. Trotzdem verbinde ich viel mit meiner Heimatstadt. Oder wie siehst du das heute?

Verstehe ich. In Wiesbaden hat mir eine Zeit lang die Inspiration gefehlt. Neue Leute zu treffen, Nachtleben und Trubel sind für mich einfach eine große Inspiration. Ich brauche den Stress irgendwie um mich herum, um kreativ zu werden (lacht). Aber ich glaube nicht mehr, dass man dafür zwingend eine bestimmte Stadt braucht. Am besten wäre es doch, wenn wir überall Berlin haben. Überall so viele Möglichkeiten, eine breite kreative Szene - das wäre mein Wunschziel. Ich habe das Gefühl, dass in der letzten Zeit sehr viel im Rhein-Main-Gebiet passiert und wir sind auf einem guten Weg. Liegt vielleicht auch ein bisschen an der After-Corona-Episode, dass alle Bock haben. 

Ich glaube auch nicht, dass man in eine bestimmte Stadt muss, um bekannt zu werden. Ich glaube, am wichtigsten ist, dass man sich wohlfühlt und die Gegebenheiten einen zufriedenstellen. Ich für mich merke, dass ich, wenn ich länger in Wiesbaden bin und nicht verreise, zeitweise eingeschränkt bin, was meine Inspiration angeht. Wenn ich rauskomme und etwas Neues sehe, habe ich direkt neue Ideen.  

Das verstehe ich auch. Wenn man in einer Stadt aufwächst und groß wird, ist es ja auch interessant, mal auszutesten, wie man sich woanders fühlt und welche Erfahrungen das mit sich bringt. Gibt es für dich eine Stadt, bei der du glaubst, am meisten Inspiration zu finden?

Sehr schwierig. Ich glaube, am meisten Inspiration würde ich in den USA finden, wo das mit den Buffs auch sehr ausgeprägt ist, dort würde ich aber aus anderen Gründen nicht leben wollen. Aber mir fallen sehr viele Städte ein. Barcelona finde ich zum Beispiel mega interessant. Die Kunstszene ist da mega stark, es gibt gutes Essen und schönes Wetter. Es muss auf jeden Fall nicht zwingend Deutschland sein. Andere Länder finde ich auch sehr spannend. Ich möchte mich da aber nicht auf ein Land oder eine Stadt beschränken, es gibt viel zu viele interessante Orte.

Wenn wir wieder zurück gehen nach Wiesbaden und in das Rhein-Main-Gebiet, ist es ja auch unsere Agenda aufzuzeigen, was und wen es hier alles gibt. Ich hatte ja bereits die Ehre, mit Lenny Westend zu sprechen, über den ich auch zum Teil auf dich aufmerksam wurde. Wer fällt dir denn als Erstes ein, der oder die dich hier begeistert?

Soll ich jetzt einfach ein bisschen Namedropping machen (lacht)? Also Konstantin Kipfmüller kann ich empfehlen. Mit ihm gemeinsam habe ich ein Atelier. Seine Sachen finde ich extrem inspirierend. Lenny Westend macht krasse Videos, Yor7 aka Yorkar ist in Wiesbaden sowas wie eine Legende und falls jemand ein freshes Tattoo braucht, ist ToyTim euer Mann.

Wie und wo konsumierst du denn Kunst und Kultur? Gehst du zum Beispiel viel auf Ausstellungen?

Am meisten bin ich auf der Straße unterwegs und nehme mit, was geht. Ansonsten tatsächlich viel im Internet. Wenn es mal ne coole Ausstellung in Frankfurt oder Wiesbaden gibt, schaue ich mir das auch an. Aber ich schaue schon viel im Internet. Da hat man einfach ein größeres Blickfeld auf die Kunst und man sieht auch Leute, die nicht die Möglichkeit haben, auszustellen. Das ist für mich genauso interessant wie Leute, die in einer Galerie ausstellen. Dort hat jeder die Möglichkeit, seine Sachen zu zeigen. 

Wir haben schon über deine Wünsche gesprochen, die du an die Kunst- und Kulturszene stellst. Gibt es da noch etwas, was du dir wünschen würdest, oder auch für dich persönlich?

Auf jeden Fall mehr Förderungen der Stadt, mehr Angebote. Offen sein für Projekte, mehr Räume schaffen und Leerstand nutzen. Ich glaube, das wäre schon ein guter Anfang (lacht). Für meine Kunst wünsche ich mir, noch mehr Leute zu erreichen. 

Ich wünsche mir, dass ich bald endlich so viel Kohle verdiene, dass ich mir ein Bild von dir kaufen kann (lacht). Das steht auf jeden Fall auf meiner Bucketlist. 

Das freut mich sehr! Es ist natürlich am schönsten, wenn dem Betrachter/der Betrachterin ein Werk so sehr gefällt, dass er/sie es nicht nur anschauen, sondern sogar besitzen möchte.

Wir haben zum Abschluss noch eine Frage von unserem vorherigen Interviewgast, von MINIMALSUREAL. Sie möchte gerne wissen, wann du das erste Mal Hausarrest bekommen hast und für was?

Ich kann mich an eine Situation erinnern, da hatten wir ein Gerüst vorm Haus stehen. Ein damaliger Freund und ich sind auf die Idee gekommen, auf dieses Gerüst zu klettern, das haben die Nachbarn natürlich gesehen und die Polizei verständigt, die dann sehr schnell bei meinen Eltern vor der Tür stand. Das fanden meine Eltern natürlich nicht so nice und dann gabs Hausarrest.

Ich danke dir für deine Zeit und das gute Gespräch. 

Ihr findet Daniel auf Instagram unter @daniel.edvon oder direkt über diesen Link: Daniel’s Instagram

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